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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 347
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Fidelis Krausbeck war und blieb der letzte Eremit von St. Jakob bei Wolfach
. Doch daß ihm, als er mit 40 Dienst- und 78 Lebensjahren starb, keiner
mehr folgte, hatte weniger mit ihm selbst zu tun als vielmehr damit,
daß die allgemeine Lage sich änderte. Im vorderösterreichischen Breisgau
schaffte Joseph II. am 12. Januar 1782 die Eremiten mit einem Federstrich
ab18, und folglich konnte der ,Catalogus' der Diözese Konstanz im Jahr
1794 nur noch 30 von ihnen verzeichnen: die meisten auf schwäbischem,
wenige auf schweizerischem Gebiet, und den einen in Wolfach. Nach 1803
wurde in derselben Diözese auch eine Vielzahl von Prozessionen, Bittgängen
und Wallfahrten abgeschafft19, was den Wallfahrts- und Waldkapellen
und ihren Betreuern wiederum das Wasser abgrub; und in der Säkularisation
von 1806 gingen die Klöster unter, mit denen die Eremiten verschiedentlich
verbunden waren. Als Fidelis Krausbeck 1808 starb, ging wirklich
eine Epoche zu Ende.

Aber ein kleines Nachspiel hatte sie doch noch. Im nahen Haslach baute,
um die Mitte des 19. Jahrhunderts, der alte Polizeidiener Pfrengle alljährlich
seine Weihnachtskrippe auf, und - wie Heinrich Hansjakob erzählt -
„das Kabinettstück seiner Krippe war der ,Waldbruder', welcher vornen
am Rande der Krippe seine Klause hatte. Mit dem Kindlein im Stall teilte
dieser Waldbruder unser Herz und unsere Augen. Er war mit einem
schwarzen Talar bekleidet, umgürtet mit einer Schnur aus Pferdehaaren,
hatte einen Riesenbart und auf dem Kopfe einen Zylinder; in der Hand
aber hielt er einen leeren Beutel."20 Was Pfrengle, den man auch ,die Sicherheit
' nannte, über das Christkind erzählte, „interessierte uns aber viel
weniger, als der Waldbruder. Schon der Name war uns Poesie. Eine Hütte
im Wald und ein einsamer Mensch darin, das klang geheimnisvoll in der
Kinderseele. Noch mehr aber, was der Waldbruder ißt - nach Pfrengle:
,Gras, Kräuter und unfruchtbare Bäume, wie es in der hl. Schrift geschrieben
steht.' ,Sein Trunk ist das tägliche Wasser und sein Lager hart und auf
Moos.' So sprach die Sicherheit in vorder-österreichischem Dialekt, der
uns, weil fremd klingend, die Geschichte um so glaublicher machte,
sprach's jedes Jahr an der Krippe, bis wir es auswendig konnten"21.

Übrigens war, laut Pfrengle, der Waldbruder früher ein Graf mit sieben
Schlössern und zwanzig Schafherden gewesen, den dann die Türken ins
Elend stießen. „Heiliges Christkindle! Jetzt warst du vergessen, und der
Waldbruder im Zylinder besaß unsere ganze Sympathie; dein Stroh und
deine Windeln waren nicht mehr imstande, uns von deinem größeren Elend
zu überzeugen!"22 (Und flugs fügte auch der Schuhmacher Holzer seiner
Krippe einen Waldbruder hinzu, der freilich „ein Paar Stiefel ä la Suworoff
aus grünem Saffianleder, einen Mantel aus Schafspelz und eine phrygische
Mütze von Schafleder"23 trug.)

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