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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 360
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neten Christian Bilharz (1701-1776), Vogt von Schweighausen, Hans Georg
Bilharz (1734-1794), Schultheiß von Dörlinbach - damals Hofbauer
auf dem heutigen Jägertonihof - sowie die Mitglieder der beiden Gerichte.

Der neue Vertrag war für die Schweighausener und Dörlinbacher Klosteruntertanen
ein weiteres Mal enttäuschend. Sie waren immer noch leibeigen
, hatten weiterhin zu fronen und waren auch in Zukunft zu allerlei Abgaben
verpflichtet. Es regte sich in den beiden Stäben offener Widerstand.
Betroffen und Schlimmes ahnend machte sich der Klostergeistliche Bernard
Stöber, von 1776-1795 Pfarrer in Schweighausen und als solcher
auch zuständig für die Filialorte Dörlinbach und Wittelbach, zu Beginn des
Jahres 1776 Gedanken über den „Zustand der Pfarrey". Seine Aufzeichnungen
lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

„Wie es allzeit zu geschehen pflegt, wo Unruhen, Unfrieden und Zwiespalt zwischen
der Herrschaft und den Untertanen obwaltet, so achten diese kein Gebot,
kein Verbot, keine Drohung, keine Straf mehr. Ein jedes tut, was ihm gefällt, alles
Gute erlöschet nach und nach, und folget nichts als Böses, Wildes, Rauhes und abscheuliche
Unordnung. Ebenso erging es auch in hiesiger Pfarrei. Seit der Zeit, als
die Uneinigkeit zwischen dem Kloster und den Untertanen angefangen, da achtete
man weder Herrschaft, weder Pfarrherrn, weder jemand anders mehr. Der Pfarrherr
hatte nur zu tun, um noch einigermaßen das nötige Vertrauen und den schuldigen
Respekt von den Pfarrkindern zu erhalten. Zu tausend Sachen mußte er durch
die Finger sehen, und alles nur mit Güte versuchen, was wenig oder gar nichts
fruchtete. Da auch der Vergleich zwischen dem Gotteshaus und den Untertanen
geschlossen war, durfte man auch nicht anders handeln aus Furcht, sie möchten
glauben, man wollte ihnen ihr Vergehen vergelten, oder sie möchten wieder aufs
Neue stürmisch werden. Man mußte noch immer durch die Finger sehen und nur
lauter Güte gebrauchen. Bei diesen Umständen war dann nun die Jugend ganz ausgelassen
, ganz frech in ihren Aufführungen und sehr verdorben in den Punkten des
sechsten Gebotes. Schlechten Respekt hatte man gegen den Geistlichen. Bei ihren
Lustbarkeiten, wann immer der Geistliche vorbeigehen mußte, jauchzten und jodelten
sie ihm ins Gesicht, als wenn der schlechteste Mensch zugegen wäre.

In der Kirche schwätzten alt und jung wie auf einem Marktplatz laut, man scheute
sich nicht, fast an dem Altar dem Priester in das Gesicht zu lachen, zu stoßen und
alle Unform zu treiben. Händel, Streit, Fluchen, Sakramentieren war etwas Gemeines
bei allen Lustbarkeiten. Sonn- und Feiertag durch allerlei knechtliche Arbeiten
entehren, das war etwas Gemeines. Ehr und guter Namen der Geistlichen auf das
Boshafteste verletzen, war mir gar nichts Neues. Die Empfangung der heiligen Sakramente
war was ganz Seltenes. Kurz, Liederlichkeit und Unordnung hatten
gänzlich überhand genommen. (. . .)

Endlich nahm ich den Ernst für die Hand, ich strafte öffentlich, ich scheute keine
Unordnung, ich rief die Herrschaft zu Hilfe und endlich nach und nach änderte
sich wieder das angewöhnte Böse, und Ordnung fing wieder an zu blühen".11

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