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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 363
(PDF, 127 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1997/0363
Eine geistliche Apotheke aus dem Schuttertal

Stefan Fassbinder

Der Hintergrund

Vor dem Siegeszug der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse standen die
Menschen Krankheiten und Naturgewalten relativ hilflos gegenüber. Neben
der Verwendung pflanzlicher und mineralischer Mittel, die sich im
Laufe der Zeit als heilkräftig erwiesen hatten, versuchte man mit nicht
kirchlich legitimierten Amuletten und mit kirchlichen Schutzmitteln (Segen
, Devotionalien u. a.) seiner Ohnmacht entgegenzuwirken. Zwar wurde
diese Trennung zwischen den drei Gruppen der pharmazeutischen, kirchlichen
und außerkirchlichen Mittel damals im Alltag kaum vollzogen, die
verschiedenen Mittel wurden nebeneinander oder eher noch vereint eingesetzt
. So finden sich in Wettersegen, Breverln oder Frais- und Wenderketten
- und auch in der hier vorgestellten Geistlichen Apotheke - amulett-
wertige Steine neben Marienmedaillen, Alraunen neben Kreuzen, wie auch
in der Praxis vom 15.-19. Jh. die Wörter „heilig/Heiligkeit" und „magisch
/Magie" synonym verwendet wurden1. Vom wissenschaftlichen
Standpunkt aus sollte jedoch diese Trennung durchgeführt werden. Bei
Fragen nach der Herkunft und Geschichte der Objekte und Verhaltensweisen
, ihrer sozialen Verankerung und den Reaktionen weltlicher und kirchlicher
Obrigkeiten spielt nämlich die kirchliche Akzeptanz oder Verwerfung
bestimmter Objekte durchaus eine Rolle. Wobei nicht übersehen werden
darf, daß die Haltung der Amtskirche sich auch wandeln konnte; was gestern
als segensreich galt, kann heute abergläubisch sein - so geschehen
z.B. beim Wetterläuten. Daher ist es in der Wissenschaft nicht sinnvoll,
heute zwischen ,religiösen' und abergläubischen' Objekten zu unterscheiden
, sondern höchstens zu untersuchen, was wann von wem als abergläubisch
empfunden wurde. Getrennt werden muß aber in der historischen
Forschung zwischen von der Kirche ausgegebenen oder zumindest tolerierten
Devotionalien und nichtkirchlichen Amuletten.

Das Amulettwesen2, d. h. die Beschäftigung mit Objekten aller Art, denen
eine außerirdische Wirkmacht zugestanden wird, erlebte in Deutschland im
16./17. Jh. einen Aufschwung. Spätantike Lehren über Astrologie und Natur
drangen in korrumpierter Form zu weiten Kreisen der Bevölkerung und
vermischten sich z.T. mit christlichen Elementen. Je nach Ort und sozialer
Gruppe ist das Amulettwesen in unterschiedlicher Intensität bis heute verbreitet
. Die Segens- und Zaubersprüche - kirchliche wie außerkirchliche -

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