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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 494
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kultur47, sondern als Politiker48 und Publizist ein prominenter „Wortführer
im Zeitgespräch seiner Gesellschaft"49. Insofern hatte sein Antisemitismus
einen beträchtlichen Einfluß auf die öffentliche Meinung seiner Zeit und
beschäftigte das Denken seiner vielen Leser50. Deshalb kann man seinen
Antisemitismus nicht gerade als zeitbedingt verharmlosen51.

Hansjakobs Antisemitismus war Ausdruck einer antijüdischen Stimmung,
die sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts immer mehr in der deutschen
Bevölkerung ausbreitete. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die „Judenfrage
" in Deutschland eines der herausragenden politischen und publizistischen
Themen. Damals erschienen etwa 1200 Publikationen mit eindeutig
antisemitischem Inhalt52. Da sich Hansjakob an diesem antisemitischen
Diskurs in vielen seiner Bücher sehr pointiert beteiligte, wurde er zu
einem der Wegbereiter einer antisemitischen Ideologie in Deutschland, die
während der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten den millionenfachen
Genozid an den Juden erst ermöglichte.

Anmerkungen

1 Daniel Jonah Goldhagen, Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und
der Holocaust, Berlin 1996.

2 Goldhagen. a.a.O., S. 71 ff.

3 Christina von Braun/Ludger Heid (Hrsg.), Der ewige Judenhaß, Stuttgart/Bonn 1990,
S. 112.

4 Otto Glagau, der Börsen- und Gründungsschwindel, Berlin 1876, S. XXX, zuerst veröffentlicht
in der „Gartenlaube".

5 Wilhelm Busch, Die fromme Helene. In: Wilhelm Busch, Historisch-kritische Gesamtausgabe
, Bd. 2, Wiesbaden/Berlin o. J., S. 204.

6 Bereits vor einigen Jahren versuchte Helmut Bender, in seinem Aufsatz „Hansjakob
und die Juden", in: ders., Der Volksschriftsteller Heinrich Hansjakob. Marginalien zu
einem Schwarzwälder Original, Waldkirch 1990, S. 144-148, Hansjakobs Verhältnis
zu den Juden zu analysieren. Seine Untersuchung ist jedoch oberflächlich und verharmlost
die Problematik.

7 Grundlegend zu diesem Thema ist neuerdings die Münchner Habilitationsschrift des
katholischen Theologen Michael Langer, Zwischen Vorurteil und Aggression. Zum
Judenbild in der deutschsprachigen katholischen Volksbildung des 19. Jahrhunderts.
Freiburg/Basel/Wien 1994 erschienen. Heinrich Hansjakobs Antisemitismus wird von
Langer allerdings nicht behandelt. Es gab natürlich auch sehr viele evangelische
Schriftsteller und Publizisten, die einen bösen Antisemitismus in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts verbreiteten. So bezeichnete beispielsweise Paul Bötticher. der unter
dem Pseudonym Paul de Lagarde publizierte, die Juden als „Trichinen und Bazillen",
als „Träger der Verwesung" und empfahl 1888 folgende „Endlösung": „Mit Trichinen
und Bazillen wird nicht verhandelt . . ., sie werden so rasch wie möglich unschädlich
gemacht." (Paul de Lagarde, Juden und Indogermanen, Göttingen 1888, S. 339).
Lagarde verstand sich als „Vorkämpfer für eine evangelische Nationalkirche". Und der
protestantische Historiker Heinrich von Treitschke wurde nicht müde, in seinen Schrif-

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