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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 540
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und zeigen zum Teil aufständische Haltung. Die übrigen Lagerinsassen haben
wenig Interesse am politischen Zeitgeschehen."7

Das Offenburger Ausländerlager war durchaus keine Ausnahme - ähnliche
Berichte liefen aus allen Teilen Badens und des Elsaß ein. Im Oktober
mußte schließlich auch die Gauleitung, die bis dahin die Befürchtungen
vieler Kreisleiter nicht geteilt hatte, feststellen, daß das Verhalten der Ausländer
„unter aller Kritik" sei. Daran trügen die Arbeitgeber und die Wachmannschaften
die Hauptschuld. Eine rigorosere Disziplin wenigstens unter
den Kriegsgefangenen erwartete die Gauleitung von zwei neuen Maßnahmen
der Führung. Im September hatte die Parteikanzlei die militärischen
Wachmannschaften für die Arbeitsleistung und das Verhalten der Gefangenen
mitverantwortlich gemacht. Und noch folgenschwerer war, daß Hitler
inzwischen dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler das Kriegsgefangenenwesen
und damit auch die Aufsicht über die Wachmannschaften unterstellt
hatte8.

Dennoch machte sich seit dem Herbst 1944 bei Behörden und Parteistcllen
Angst vor einer zweiten Front im Rücken der deutschen Truppen breit.
Daß die Gestapo im August und September 1944 im Raum Freiburg etwa
zwanzig Ausländer verschiedener Nationalität festnahm, schien die
schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen: Sie wurden des Arbeitsvertragsbruchs
, der Wehrkraftzersetzung, deutschfeindlicher Äußerungen, der Mitgliedschaft
in einer illegalen Organisation, der Fluchtbegünstigung und anderer
Verbrechen beschuldigt. Bei einem russischen Arbeiter fand sich ein
Gewehr mit Munition. Vom Lilienhof bei Ihringen wurden 18 Russen „umgesetzt
", weil sie revoltiert hatten, wie es im Bericht des Arbeitsamts Freiburg
heißt - eine Sprachregelung, die die Tatsache verschleiern soll, daß
sie erschossen oder erhängt wurden. Jedenfalls stellten die deutschen
Behörden unter den Ausländern eine große Unruhe fest, deren Ursache ihnen
verborgen blieb und die sie angesichts des eigenen drohenden Untergangs
nur als Anzeichen einer in großem Maßstab organisierten Verschwörung
zu deuten vermochten9.

Diese Furcht nahm gegen Ende des Krieges geradezu wahnhafte Züge an.
So berichtete die badische Gauleitung der Parteikanzlei im September
1944: „Es wird häufiger die Befürchtung ausgesprochen, daß mit dem
Näherrücken der feindlichen Armeen an unsere Reichsgrenzen eines schönen
Tages sämtliche fremdvölkischen Arbeitskräfte streiken und Sabotageakte
verüben könnten. Zur Sicherung des Arbeitsfriedens und der Produktion
wird es daher vielfach für angebracht gehalten, Aktivisten der Partei in
den Betrieben mit Waffen auszurüsten und somit eine Unterstützung des
Werkschutzes herbeizuführen."10 Für die Kreisleitung Wertheim stand der

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