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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 543
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lierer vor deren Rache, und gestehen zugleich ein, daß ihre Arbeitssklaven
allen Grund hätten, sich so zu verhalten, wie sie es befürchten.

So erklärt sich, daß in den letzten Kriegstagen zahlreiche Zwangsarbeiter
noch Opfer von Morden wurden, mit denen die Nazis sich bereits vorab für
die Niederlage rächten. Im Kreis Lörrach führte der HJ-Bannführer zwanzig
Schüler in das Gebiet des Blauen und ließ sie Widerstandsnester bauen.
Zur Unterstützung trafen zehn Litauer ein, die zunächst anständig behandelt
wurden. Nachdem aber einer der Jugendlichen zwei Litauern zur
Flucht verholfen hatte, befahl der HJ-Führer seinen Jungen, alle übrigen zu
töten. Nur wenige der minderjährigen Werwölfe wagten die Flucht, die anderen
führten den Schießbefehl gehorsam aus. Einige ließen sogar - nach
dem inzwischen wohlbekannten Vorbild der SS-Einsatzgruppen im Osten -
die Opfer ihr eigenes Grab schaufeln und zertrümmerten nach dem Mord
die Köpfe der Leichen. Hätten nicht Pilzesammler ein halbes Jahr später
die Ermordeten gefunden, wären die Täter auf freiem Fuß geblieben20.

SS-Truppen erschossen in Stockach noch am 23. April 1945 mindestens 15
Fremdarbeiter aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich und Italien. Als die
französische Armee die Stadt einnahm und in Richtung Bodensee weitermarschierte
, hatte sie den Fehler begangen, eine zu kleine Belegung
zurückzulassen. Am nächsten Tag erschien die SS und erschoß fünf französische
Soldaten und sämtliche Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter, die sie
bei Hausdurchsuchungen aufspüren konnte21. Besonders viele Häftlinge
von KZ-Außenkommandos fielen in den letzten Kriegstagen ihren Wachmannschaften
zum Opfer, wie die 46 sowjetischen Soldaten, die von SS-
Leuten auf dem Marsch von St. Georgen nach Triberg erschossen
wurden22. Ein vergleichbares Massaker ereignete sich am 12. April 1945 in
Offenburg, wo noch drei Tage vor der Besetzung durch französische Truppen
41 arbeitsunfähige Häftlinge eines mobilen Außenkommandos des
Konzentrationslagers Flossenbürg auf Befehl des Kommandanten vor der
Evakuierung mit Äxten und Eisenstangen ermordet wurden.23

2. Varianten der Befreiung

Wie Zwangsarbeiter das Ende der Nazi-Diktatur erlebten, läßt sich allgemeingültig
nicht zusammenfassen - zu unterschiedlich sind die individuellen
Erfahrungen, die objektiven Bedingungen. Einen Überblick über das
Spektrum möglicher Erfahrungen geben die Berichte, die mir eine Gruppe
von Holländern zugänglich gemacht hat. Im Sommer 1943 waren sie nach
Offenburg deportiert worden, wo einige bei der Reichsbahn, andere in Rüstungsbetrieben
der Metallbranche arbeiteten. Als diese Anfang Dezember

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