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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 547
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drüssige Soldaten der Wehrmacht versuchten in diesen Tagen immer wieder
, Schweizer Hoheitsgebiet zu erreichen35.

Ob sie diesen Flüchtlingen die Einreise gestatten wollten, überließ die Regierung
in Bern zunächst den Grenzkommandeuren zur Entscheidung. Am
20. April aber schloß der Bundesrat die gesamte Nordgrenze mit Ausnahme
von Riehen, Rheinfelden, Oberwiesen-Schleitheim, Ramsen und
Kreuzlingen. Da der Zustrom von Flüchtlingen sich von Tag zu Tag verstärkte
, riegelte der Grenzschutz sämtliche Übergänge vom 21. bis 22.
April hermetisch ab und erlaubte den Übertritt in die Schweiz ausschließlich
über Ramsen bei Schaffhausen36. Hans Walter Ackermann war damals
als Leutnant der Schweizer Armee für die Grenzbewachung im Randengebiet
verantwortlich. Am 22. April traf er eine Gruppe von etwa 300 Russen
, die auf deutschem Gebiet nahe der Schweizer Grenze lagerte: „Bald
hatten wir einige Leute gefunden, die gebrochen Deutsch sprechen konnten
. Die Russen schienen recht verängstigt; sie befürchteten, von den Deutschen
ins Lager zurückgeholt zu werden, und baten um Asyl. Wir gingen
von Lagerfeuer zu Lagerfeuer und sprachen den hungrigen, zerlumpten
Menschen Mut zu. Unter den Flüchtlingen trafen wir Ukrainer, Tibeter,
Sibirer, Indochinesen und Angehörige anderer asiatischer Völker. Während
wir uns mit den Leuten noch unterhielten, ertönten plötzlich Schüsse. Mit
lautem Geschrei und wildem Rufen rannten die Flüchtlinge über die Grenze
in die Schweizerischen Wälder."

Angehörige des Volkssturms versuchten, die Flüchtlinge nach Singen
zurückzutreiben, wurden jedoch von der Schweizer Armee abgewiesen.
Aber doch wohl nicht nachdrücklich genug, wie der Leutnant indirekt bestätigt
: „Die Flüchtlinge, denen es nicht mehr gelungen war, rechtzeitig
über die Grenze zu fliehen, nahmen sie mit sich. Kaum war die Gruppe unseren
Blicken entschwunden, tauchte aus dem Wald ein neues Menschenrudel
auf; es waren rund 20 Polen und 100 Serben, unter der Führung
eines polnischen und eines serbischen Feldwebels. Es stellte sich heraus,
daß auch diese Gruppe aus dem Lager Villingen entflohen war. Die Absicht
dieser Leute war, sich zu den Franzosen durchzuschlagen. Sie traten
deshalb nicht über die Grenze, sondern ließen sich hart daran nieder." Vom
Schweizer Grenzschutz erhielten sie die Erlaubnis, bei Gefahr die Grenze
zu überschreiten. Wenig später erschienen 60 Wehrmachtsangehörige, die
sich in der Schweiz internieren lassen wollten. Da der Bundesrat noch keine
Entscheidung getroffen hatte, wurden sie zwar entwaffnet, mußten sich
aber, schon auf Schweizer Gebiet, an der Grenze niederlassen. Einen Versuch
von etwa 20 anderen deutschen Soldaten, die Flüchtlinge nach Singen
zu verschleppen, konnten die Schweizer verhindern. Sicherheitshalber
brachten sie die Polen und Serben nachts auf Schweizer Territorium. In-

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