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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 548
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zwischen hatte Bern auch die Internierung der Russen erlaubt, die Hälfte
von ihnen war aber bereits geflohen und hatte sich im Wald versteckt. Am
23. April gelang es der französischen Armee, die Wehrmacht endgültig aus
dem Randgebiet zu vertreiben und die Ausländer zu befreien37.

Wie sich der damalige Stadtpräsident von Schaffhausen, Walther Bringolf,
erinnert, wurden in den letzten Kriegstagen täglich mehrere Transporte mit
bis zu 1000 Russen verpflegt und anschließend in die Innerschweiz weitergeleitet
: „In der Zeit vom 21. bis 25. April mußten im Kanton Schaffhausen
rund 5500 Personen untergebracht und verpflegt werden. Nachher war man
mit dem Einlassen von Flüchtlingen strenger. In Schaffhausen kam es in jenen
Tagen zu spontanen Freudenkundgebungen über die hilfreiche Aufnahme
, namentlich von Seiten der Russen, die von den Nazis besonders erbärmlich
behandelt worden waren."38 Die Schweizer Regierung entließ die befreiten
Fremdarbeiter aus den westlichen Nachbarstaaten in ihre Heimat, bevor
der Krieg in Europa offiziell beendet war - als erste die Franzosen, kurz
nach ihnen die Holländer und Belgier. Vom Zentralbahnhof Zürich fuhren
sie nachts nach Genf, und von dort weiter nach Frankreich. Nachdem sie in
einem Barackenlager in Annemasse übernachtet hatten, fuhren sie am nächsten
Tag weiter nach Brüssel. Zwei Tage später, am 8. Mai, kehrten die
Holländer in ihre Heimat zurück und fanden zunächst Aufnahme in einem
Kloster bei Oudenbosch. Bis sie endgültig zu Hause waren, vergingen aber
noch mehr als vier Wochen; unterdessen arbeiteten sie bei den Bauern in der
Umgebung - zum ersten Mal seit Jahren freiwillig39.

Auch die französische Militärregierung war bestrebt, Westarbeiter aus ihrer
Zone so schnell wie möglich nach Hause zu schicken. Die Gruppe, die sich
in Offenburg wiedergetroffen hatte, reiste nach eingehenden ärztlichen Untersuchungen
über Kehl, Metz und Nancy nach Paris. Dort waren die Auffanglager
inzwischen jedoch so überfüllt, daß sie auf Lager in der Provinz
verteilt werden mußten. Einige erreichten über Orleans und Tours das Lager
Loches, wo sie ein längerer Aufenthalt erwartete, da ihre Heimatstadt
Den Haag zum Notstandsgebiet erklärt worden war. Alfons van Buiten erinnert
sich: „In Holland hatten die Leute nichts zu essen, man hatte Angst
vor Krankheiten, die wir mitbringen könnten, die Leute hatten keine Widerstandskräfte
mehr. Die letzten zwei Monate in den Großstädten, Den
Haag, Rotterdam, Amsterdam, Utrecht, fielen viele Leute tot auf der Straße
um; man hatte Angst, vor den Krankheiten, die das geben könnte. Deswegen
wurden wir ständig auf Tuberkulose und so weiter untersucht."40. Erst
Ende Juni konnten sie nach Holland zurückkehren41.

Dazu, ihre ausländischen Arbeiter schon in den letzten Kriegstagen zu entlassen
und ihnen die Ausreise in die Schweiz zu gestatten, bewog die deut-

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