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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 606
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Neben dem Rechnungswesen und der Aufsicht über die Rebhöfe hatte
Grimmelshausen auch für die Pflege und Verwaltung der Weine Verantwortung
. Dabei stand ihm ein Küfer zur Seite. Grimmelshausen hatte Sorge
für das notwendige Kellerinventar zu tragen und mußte gegebenenfalls
Reparaturen anordnen. Er überwachte die Weinbehandlung und schließlich
den Weinverkauf. Im Rechnungsjahr 1649/50, als Grimmelshausen auch
die Rebhöfe des Junker Carl von Schauenburg mitverwaltete, verkaufte er
an den „Schwabenkärcher" Ludwig Keckh 13 Ohm und 18 Maß Wein. Die
„Schwabenkärcher" waren Fuhrleute und Händler, die die neuangelegte
Kniebisstraße nutzten, um Wein und andere Landesprodukte jenseits des
Schwarzwalds einzukaufen. Einem „anderen Schwaben" verkaufte Grimmelshausen
6 Ohm und 4 Maß Wein, dem Wirt Jacob Bowte aus Appenweier
6 Ohm und 10 Maß88. Auch seine Dienstbesoldung erhielt Grimmelshausen
zum Teil wieder in Weinnaturalien: von Junker Carl 7 Ohm
und 12 Maß, von Hans Reinhard 15 Ohm. Viele Dienste entgalt Grimmelshausen
im Auftrag seiner Herrschaft mit Wein. 1655/56 erhielt Jacob Naber
aus Tiergarten ein Maß Wein, weil er für den Schauenburger einen
Nußbaum gefällt hatte. Als die Legelshurster ihre Gülten ablieferten, erhielten
sie vom Schaffner 10 Maß Wein, ebenso die Stadelhofener. Im August
wurde den Gaisbachern, die das Öhmdheu gemäht hatten, insgesamt
ein Ohm Wein ausgeschenkt89.

Schließlich sorgte Grimmelshausen als Wirt im Gaisbacher Schaffnerhaus
(1656-58) und im „Silbernen Stern" (1665-67) für den Absatz des Gaisbacher
Weins. Nach der Gaisbacher Polizeiordnung90 hatte Grimmelshausen
den ausgeschenkten Wein von seiner Herrschaft zu beziehen. Nach neun
Uhr abends durfte er keinem Gast mehr Essen, Trinken und Lichter geben.
Die Gaisbacher mußten ihre Hochzeiten im „hiesigen" Wirtshaus feiern.
Von dem ausgeschenkten Wein mußte eine Steuer, das „Ungeld", an die
Herrschaft entrichtet werden. Grimmelshausen hatte auf der Spitalbühnd
zwei Häuser errichtet, in einem davon betrieb er seit 1665 das Wirtshaus
„Zum silbernen Stern". Sein Großvater, Bäckermeister Melchior Christoph
von Grimmelshausen, hatte in Gelnhausen die Wirtschaft „Zum goldenen
Stern" betrieben.

In der „Verkehrten Welt" hat Grimmelshausen sich selbstkritisch mit dem
Berufsstand der Wirte beschäftigt91. Der Ich-Erzähler, der wie in Dantes
„Göttlicher Komödie die Gelegenheit erhält, das höllische Inferno zu besichtigen
, trifft auf einen Wirt, dem gerade mit einem glühenden Schröpfeisen
von höllischen Baderknechten Haut und Haare weggebrannt werden.
Der Wirt erzählt nun vom Grund seiner Strafe: Seine Wirtschaft sei „Huren
, Fluchern, Spielern und Vollsäufern" offengestanden. Er habe den Wein
„mit Wasser getauft" und „mit doppelter Kreide" angeschrieben. Alles in

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