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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
77. Jahresband.1997
Seite: 687
(PDF, 127 MB)
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nur für das Lager der Deutschen Christen,
sondern z. B. auch für die Badische Landeskirche
zur Zeit der NS-Herrschaft, die
z. B. in ihrer Denkschrift „Die evangelische
Kirche und ihre Judenchristen" zu
keiner festen Haltung gegenüber dem NS-
Staat fand. Es zeigt uns dies besonders
deutlich, welch weiten Weg der jüdischchristliche
Dialog seitdem gegangen ist -
ein Dialog, in dem sich Greiffenhagen (im
Gegensatz zu vielen anderen kirchlichen
Vertretern) bald nach 1945 entscheidend
bewegte.

Über Greiffenhagens Verkündigung des
Wortes Gottes unter dem Druck des Dritten
Reiches hinaus vermittelt sich dem
Leser ein lebensnahes Bild des Dritten
Reiches; gerade dieses Bild macht das
Buch mit seiner vorzüglichen Einleitung
und sorgfältigen Erschließung über einen
Index so geeignet für den interessierten
Zeitgenossen.

Dr. Hans-Joachim Fliedner

Michael Langer, Zwischen Vorurteil
und Aggression. Zum Judenbild in der
deutschsprachigen katholischen Volksbildung
des 19. Jahrhunderts. Herder-
Verlag Freiburg/Basel/Wien 1994, 587
Seiten, DM 78-

Die Münchner Habilitationsschrift des katholischen
Theologen Michael Langer
zeigt ein bedrückendes Bild vom Antisemitismus
, welcher weite katholische Kreise
im 19. Jahrhundert in Deutschland erfaßt
hatte. Zahlreiche katholische Publizisten
und Volksschriftsteller haben vor allem
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
einen bösen Antisemitismus verbreitet
, so daß Langer überzeugend nachweisen
kann, daß der Antisemitismus zur katholischen
Volksbildung in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörte.
Wir greifen von den vielen katholischen
Schriftstellern, die Langer behandelt, Alban
Stolz heraus (S. 12-72), der als katholischer
Priester, Volksschriftsteller und
Kalendermann in Baden, aber besonders

in der Ottenau, großen Anklang fand. Der
1808 in Bühl/Baden geborene Alban Stolz
war schon in den vierziger und fünfziger
Jahren des 19. Jahrhunderts durch seine
Schriften in ganz Deutschland, Österreich
und der Schweiz bekannt geworden. Seit
1848 hatte er den Lehrstuhl für Pastoraltheologie
und Pädagogik an der Universität
Freiburg i. Br. inne.
Am bekanntesten wurde Alban Stolz
durch seine siebzehn religiösen Volkskalender
, die zwischen den Jahren 1843 und
1884 erschienen. Zeitgenössische Urteile
aus dem katholischen Umfeld würdigten
Stolz als „größten katholischen Volksschriftsteller
deutscher Zunge", als „badischen
Kirchenvater des 19. Jahrhunderts",
als „Schriftsteller von säkularer Bedeutung
". Noch 1933 bezeichnete der Freiburger
Erzbischof Conrad Gröber ihn als
„den größten Missionär, der unser deutsches
Vaterland im 19. Jahrhundert besaß
". Dabei wurde sein penetranter Antisemitismus
vollkommen übersehen.
In seinen Tagebuchaufzeichnungen, Flugschriften
und Kalendern, das weist Michael
Langer anhand einer Fülle von Zitaten
von Alban Stolz nach, propagierte er einen
vehementen Judenhaß. Für Alban
Stolz waren die Juden „Ratten", „giftige
Insekten", „Ungeziefer", „Würmer",
„Aas", „Schlangen", „Gassenhunde",
„Maden" (S. 25, 70). Das Judentum sei eine
„freimaurische Schmarotzerpflanze,
die vom Teufel kommt und zum Teufel
führt" (S. 53). Neben der „Habsucht . ..,
Faulheit und Schmutz" sei es vor allem
„die unangenehme Physiognomie, jenes
Judengesicht" (S. 39), das den Juden so
unangenehm mache. Die Juden sind laut
Stolz „die Brunnenvergifter von heute"
(S. 36). Michael Langer bezeichnet den
demagogischen Sprachstil von Alban
Stolz gegenüber den Juden als „Dehuma-
nisierung der Sprache mit biologisch und
rassistischer Grundlegung" (S. 70).
Heftig polemisierte Alban Stolz, das zeigt
Langer, gegen den jüdischen Volksschriftsteller
und badischen Landsmann von

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