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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 88
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Freund Joseph Fickler, Redakteur der Konstanzer „Seeblätter", den exakten
Plan für das Treffen abgesprochen.5 Um den Halben - den gemäßigten
Liberalen - einen Todesstoß beizubringen, wollte Struve ein politisches
Glaubensbekenntnis für die entschiedenen Oppositionellen entwerfen. Das
im „Salmen" vorgelegte Ergebnis löste zumindest in Baden keine allzu
große Überraschung aus. Sowohl konservative als auch liberale Beobachter
waren sich gleichermaßen einig darin, daß das Programm auf den ersten
Blick wenig Neues beinhaltete: Lossagung von den repressiven Bundesbeschlüssen
, Presse-, Gewissens- und Lehrfreiheit, persönliche Freiheitsrechte
, Vertretung des Volkes beim Bund, Steuer-, Wehr- und Verwaltungsreform
- fast alles war bereits zuvor schon von der Opposition in der Kammer
gefordert worden. Auf die große Sensation, wie es etwa die Forderung
nach einem demokratischen Wahlrecht gewesen wäre, hatte Struve hingegen
verzichtet. Einzig die in Artikel 10 verlangte Ausgleichung des
Mißverhältnisses zwischen Arbeit und Kapital erregte Aufsehen, gleichwohl
sich dahinter keineswegs, wie sofort argwöhnisch gemutmaßt wurde,
die essence du communisme6 verbarg. Wer genauer hinsah, konnte allerdings
auch deutlich genug erkennen, daß Struve die 13 Artikel von Offenburg
nur als Zwischenschritt für noch viel weitergehende Absichten verstand
. Einige Schlüsselbegriffe wie volksthümliche Wehrverfassung oder
Selbstregierung des Volkes deuteten sehr wohl an, in welche Richtung die
weitere Entwicklung gehen sollte. Wichtiger war für Struve zu diesem
Zeitpunkt die Form der Präsentation: Bislang waren die Wünsche der Opposition
immer nur vereinzelt vorgetragen worden, jetzt waren sie zum ersten
Mal in einem Programm gebündelt, dessen einschlägige und packende
Sprache sich hervorragend für die politische Werbung eignete. Der enorme
öffentliche Erfolg sprach für sich: Innerhalb weniger Wochen waren durch
die Presse und Flugblätter die Forderungen des Volkes in ganz Deutschland
bekannt - das Offenburger Programm wurde so zum Manifest der deutschen
Oppositionspartei überhaupt.

Auch die am 12. September im „Salmen" gehaltenen Reden waren nicht so
sehr durch ihren Inhalt bemerkenswert. Struve und Hecker sparten zwar
nicht mit beißender Kritik an den Zuständen im Großherzogtum, drohten
der Regierung indirekt auch mit den revolutionären Erfahrungen anderer
Länder, stachelten aber nicht unmittelbar zum Hochverrat auf, wie es zwei
Spitzel aus eigennützigen Motiven gehört haben wollten und die Behörden
in einem monatelangen Untersuchungsverfahren nachzuweisen versuchten
.7 Die eigentliche Gefahr für die Obrigkeit bestand vielmehr in der sozialen
Offenheit der Versammlung. Vor staatsgefährlichen Folgen meinte
der Offenburger Oberamtmann Lichtenauer seinen Innenminister im Fall
weiterer Treffen warnen zu müssen, insofern die Versammlungen nicht
ausschließlich aus Mitgliedern des gebildeten Standes bestehen? Genau

SS


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