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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 156
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für den er nicht die geeignete Fähigkeit hatte, den aber seine Eitelkeit annehmen
ließ ... Endlich gehört Brentano zur großen Zahl derer, welche in
kleinerem oder größerem Kreise Politiker oder sogenannte Staatsmänner
zu sein wähnen, weil sie den Verstand zur Kritik, zu Intrigen, zu constitu-
tionellen Advocatenkünsten haben, welche aber hohen Ideen, kühner Ansichten
und der tiefen Ueberzeugung, daß im Interesse der Völker eine
durchgreifende, politische und sociale Umgestaltung geschehen müsse,
durchaus nicht fähig sind, welche mit einem Wort die Aufgabe der Zeit
nicht verstehen ...62.

Goegg war allerdings auch nicht in der Lage, das Finanzministerium in innovativ
-revolutionärem Sinne zu führen. Ihm fehlte für gezielte Veränderungen
das nötige Geld. Ein Aufruf Goeggs vom 17. Mai 1849 an die Bevölkerung
zur freiwilligen finanziellen Unterstützung verhallte ungehört;
die revolutionäre Begeisterung war verpufft. Struve hatte ihm geraten, das
Geld der wohlhabenden Bourgeoisie für seine Zwecke in Anspruch zu nehmen
und durch Einziehung der Domänen, des Kirchengutes und des Gemeindegutes
sowie des Vermögens sämtlicher Reaktionäre die nötigen
Geldmittel aufzutreiben; Goegg folgte diesen Ratschlägen nicht63. So wurde
auch Goeggs oberstes Anliegen ein geregelter Geschäftsgang64. Personelle
Veränderungen gab es im Finanzministerium ebenfalls keine. Vorwürfe
, er habe sich keinerlei Kenntnis des Kassenbestandes beschafft, weder
die Schlüssel zu den Kassen noch die Bücher, aus welchen der Kassenbestand
ersichtlich werde, übergeben lassen, und so nicht einmal gemerkt,
daß hinter seinem Rücken die alten Beamten dem Großherzog von Baden
Gelder zugeschoben hätten65, dementierte Goegg entschieden66. Desweiteren
forcierte Goegg in keiner Weise die von ihm selbst in Offenburg propagierten
Sozialreformen. So entstand der Eindruck, das Finanzministerium
werde schlaffer, ängstlicher, reaktionärer und bürokratischer verwaltet als
irgend ein anderes Departement61. Ursache hierfür könnte das Dilemma
gewesen sein, daß Goegg vor der Revolution noch eine untergeordnete
Stellung in dem streng hierarchischen System des Finanzministeriums innehatte
, welches er jetzt auf einmal zu leiten hatte68. So war Goegg mit einem
Ministerium betraut, dessen Führung ihn völlig absorbierte und seinen
revolutionären Willen lähmte69. Er dürfte das Dilemma bzw. die unbefriedigende
Situation selbst gespürt haben. Anläßlich einer Sitzung am 10. Juni
versuchte er selbstkritisch, sich zu rechtfertigen mit dem Hinweis, er habe
das Finanzressort nie angestrebt und es nur widerwillig angenommen,
weil kein geeigneter Mann sich habe finden lassen. Es sei schwer, in revolutionären
Zeiten Ordnung im Haushalt zu haben und allen Bedürfnissen
Rechnung zu tragen10. Seinen Ministerposten gab Goegg daher im Juni
1849 auch bereitwillig an Heunisch ab, nicht ohne zuvor einen genauen
Rechenschaftsbericht abgegeben zu haben71.

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