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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 196
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Den berühmten Franzosenlärm, dessen rationale Ursachen immer noch ungeklärt
sind, der aber als frühes Anzeichen einer republikanischen Stimmung
unter den Ortenauer Bürgern gedeutet wird4, schildert die Chronik
der Familie des Schulmeisters Bell: Mein Vater kam an einem Abend im
Monat März etwa um 10 Uhr von einer Bürgerversamlung nach Hause mit
dem Bemerken, es stehe nicht ganz gut, man weiß nicht, was für unruhige
Zeiten folgen. Wir legten uns ins Bett, allein schon nach wenigen Minuten
entstand der Ruf, die Franzosen seien bei Kehl über den Rhein gedrungen
und seien nun im Anmarsch. Um ihnen den Eingang in den Ort zu wehren,
sollten die Bürger und die jungen Leute zur Verteidigung berufen werden
. . . Man läutete die Sturmglocken, durchzieht trommelnd die Gassen,
während immer neue Berichte eintreffen, die Franzosen hätten schon Kork,
ja Sand eingenommen. Am nächsten Morgen kamen Bürger von Oberkirch,
Nußbach, Zusenhofen, Ulm u. a., mehr als 2000 Mann nach Appenweier,
bewaffnet mit Gewehren, Sensen, die gerade aufwärts standen, Mistgabeln,
um gegen die Franzosen zu kämpfen, aber es zeigte sich keiner, denn in
Frankreich war in jener Nacht der gleiche Lärm, und es hieß: Die Deutschen
kommen und seien schon bis Straßburg gedrungen5. Diese Turbulenzen
bestätigt Heinrich von Andlaw, Mitglied der Ersten Badischen Kammer
, der am 24. März auf dem Bahnhof in Appenweier erlebte, wie aus
den Renchtalbädern, weit oben herunter, mehrere Tausend in gleicher
Freudigkeit angezogen kamen6.

Der in Appenweier geborene, oben genannte Rechtsanwalt Werner aus
Oberkirch, der spätere Diktator der Revolutionsregierung, beendete in Appenweier
die Aufregung, als er aus Kehl die Nachricht brachte, das ganze
sei nur ein blinder Lärm. Die Anwesenden mögen ruhig nach Hause gehen
, aber auf Volksbewaffnung bedacht sein. Die Folge davon war, daß die
jüngeren Leute sich in den Waffen üben mußten und bald in dieser, bald in
jener Stadt Volksversammlungen gehalten wurden7.

Wie in Offenburg Bürgermeister Ree8 sieht der Chronist im Franzosenlärm
den Anstoß zur Volksbewaffnung, aber wie die Offenburger Verwaltung
mußte sich der konservative Bürgermeister Sebastian Hodapp von Appenweier
schon vor dem 24. März um dieses Problem kümmern. 17. März: In
Offenburg beim Bürgermeister wegen Anschaffung von Gewehren, 5 Stunden9
, schreibt er auf seinen Diätenzettel, während ein Eintrag vom 24.
März seine Teilnahme an der Versammlung der Ortsvorsteher des Oberamtsbezirkes
belegt, auf der man über Bewaffnung und Struktur der Wehrmannschaft
beriet10. Der Beschluß des Gemeinderates Appenweier vom
21. April 1848, Instrukteure für die jungen Leute zu bestellen, hing wohl
auch damit zusammen".

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