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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 241
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nigstens äußerlich freundlich gewesen, habe den Anstand beobachtet und
sich human benommen, soweit dies für einen Vollstrecker der Anordnungen
der provisorischen Regierung noch möglich gewesen sei.46

Je näher aber die übermächtigen Bundestruppen heranrückten, desto rigoroser
reagierte fortan der Zivilkommissar. Er verstieg sich in eine verbissene
Endkampf-Mentalität, die auch unrechtmäßige Mittel zuläßt. So kam es,
daß er sich in der verzweifelten Schlußphase zu einer Reihe von Übergriffen
hinreißen ließ: Auch aus heutiger Sicht ist jedenfalls die zwangsweise
Rekrutierung junger Bürger für die Revolutionsarmee nicht zu billigen.47
Von vornherein erscheint fraglich, ob es im Mai/Juni 1849 überhaupt eine
gültige Rechtsgrundlage für eine Wehrpflicht aller jungen Badener im Revolutionsheer
gab. Die Reichsverfassung verweist hierzu lediglich auf ein
noch ergehendes Gesetz und bestimmt zudem, daß das Recht des Krieges
und Friedens ausschließlich der Reichsgewalt zustehe.48 Das großherzogliche
Konskriptionsgesetz von 1825 regelt einen andersartigen Sachverhalt
.49 Zu denken wäre allenfalls an das Gesetz vom 1. April 1848 über die
Einziehung bestimmter Altersklassen zum Heer zwecks Abwendung dringender
, die Landesgrenze von Außen bedrohender Gefahr - gemäß seinem
Art. 3 sollte es nur sechs Wochen lang gelten - oder aber an das auf Errichtung
einer Bürgerwehr im Großherzogtum beschränkte Gesetz, ebenfalls
vom 1. April 1848 datierend, und den Beschluß des Kriegssenats des Landesausschusses
vom 28. Mai 1849.50 In diesem Zusammenhang ergeben
sich schließlich Bedenken, ob die Verfassunggebende Landesversammlung
Gesetze auf Gebieten wie beispielsweise dem Wehrrecht wirksam erlassen
konnte. Es ist hier nicht der Ort, die Rechtsfrage zu untersuchen und abzuklären
, die Problematik soll lediglich angedeutet werden. Dahinter stünde
allemal die moralische Grundsatzfrage, ob die Revolutionsregierung - es
waren bis dahin weder eine demokratische Landesverfassung noch ein vom
Volke gewähltes Parlament vorhanden - überhaupt Widerstrebende zur
Teilnahme am Bürgerkrieg zwingen konnte. Wie will man denn mit zum
Waffendienst gepreßten Andersdenkenden glaubhaft für Freiheit und Menschenwürde
streiten? Doch der Jurist Wolff setzte sich bedenkenlos über
die mit Grundrechtsgarantie ausgestattete Gewissensfreiheit hinweg. Überdies
gebärdete sich Wolff als Scharfmacher der letzten Stunde. Immer wieder
drohte er mit standrechtlichen Maßnahmen gegen junge Mitbürger und
stachelte obendrein die benachbarten Zivilkommissare an, Jagd auf Flüchtige
zu machen. Eindeutig rechtswidrig waren die Beschlagnahme zweier
oppositioneller Zeitungen und die Verhaftung eines Redakteurs wegen einer
unliebsamen Veröffentlichung - ein Willkürakt, der den jahrzehntelangen
verfassungsrechtlichen Kampf der badischen Demokraten um
„Preßfreiheit" geradewegs ins unterdrückerische Gegenteil verkehrte.
Nachweislich hat Wolff Zensur, Zeitungsverbot und Freiheitsberaubung als

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