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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 255
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das Ziel gegangen, freie Bürger zu werden, sondern um die Teilnahme am
Bürgernutzen. Die jüdischen Einwohner würden, einmal im Besitz von
Allmendanteilen, diese verpachten und damit Christen tributpflichtig machen
. Wenn sie aber Handwerke erlernt und auf dieser Grundlage das Bürgerrecht
erlangt hätten, würden sie wieder den gemeinen Schacher und Wucherhandel
ausüben.

Diese Entwicklung, so die Petition, habe viel Erbitterung bei den Christen
bewirkt, welche die Verdrängung aus ihrem christlich angestammten
Vermögen befürchten müßten. Deshalb seien Maßnahmen nötig, um Ausschreitungen
zu verhindern. Die Petenten schlugen vor, was ihnen angemessen
erschien: ein Gesetz, das die jüdischen Einwohner, wenn sie jetzt
noch nicht den Bürgernutzen hätten, vom Bürgernutzen ausschließen sollte
.69

Die Auseinandersetzung mit den jüdischen Einwohnern ging weiter. In der
Nacht zum 31. März 1848 war in Bühl nach dem Bericht an das Innenministerium
eine große Menschenmenge unterwegs.70 Es kam zu Angriffen
auf die Häuser mehrerer jüdischen Einwohner. Das Hoftor zum Anwesen
des Alexander Wertheimer wurde mit der Axt zertrümmert. Eine Bürgerwehr
wollte eingreifen, aber einer der Haupttäter aus dem Volkshaufen,n
der 38jährige Schlossermeister Eugen Zucker, setzte dem Anführer der
Bürgerwehr eine Flinte auf die Brust.72 Die Menge konnte daraufhin in das
Haus Wertheimers eindringen. Ein Möbelstück und andere Einrichtungsgegenstände
wurden zertrümmert, vor allem im Keller bei einer Weinentwendung
Fässer zerstört und dann andere Fahrnisse gestohlen. Übergriffe auf
die Häuser des Viehhändler Joseph Levi, die Wohnung des Vorsängers David
Brandeis und das Haus des Bäckers Lazarus Schweitzer folgten.73

Noch am nächsten Tag fürchtete das Bezirksamt eine weitere Zuspitzung
und sah sich gezwungen, alle Zeit und Kräfte ausschließlich auf Handhabung
der öffentlichen Ruhe und Sicherheit zu verwenden. Amtmann
Eckert sah sich in einer solchen Not, daß er zu einem ungewöhnlichen Mittel
griff. Er schickte den Hauptgeschädigten Alexander Wertheimer mit einem
Schreiben ins Innenministerium nach Karlsruhe.74 Die Botschaft:
Beklagenswerte Exzesse der Nacht könnten sich am Tage wiederholen. Das
Innenministerium berichtete dies am selben Tag an das Kriegsministerium
weiter mit der Bitte um die Verlegung einer Kompanie Infanterie nach
Bühl. Eine Gemeindeversammlung sei angeordnet und das Gesetz zur
Schadensersatzleistung bei Exzessen veröffentlicht worden. Dies und die
Drohung mit dem Einsatz von Militär sollten die Arbeit der lokalen Behörden
unterstützen.75 Spätestens am 4. April 1848 waren dann auch wirklich
Soldaten eines Dragonerregiments in Bühl.76 Allerdings klagten später

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