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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 260
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Gemeinderat eine weitere Beschwerde vorbereiten. Jetzt wurde Häfelin
vollends deutlich: Der gegen alle Gesetzlichkeit anstoßende Eigensinn des
Gemeinderats sei umso auffallender, als der Gemeinderat schon durch
mehrere andere Fälle belehrt, den diesseitigen Anordnungen Folge zu leisten
, die Überzeugung haben sollte.107

Noch erbitterter verlief die Auseinandersetzung mit Alexander Wertheimers
Sohn Meier Wertheimer. Dieser beantragte 1847 die Annahme als
Bürger. Im Mai 1848 begründete der Gemeinderat seine ablehnende Haltung
. Meier Wertheimer und sein Vater trieben Großgeschäfte des gemeinsten
Geldwuchers und Schacherhandels und hätten daher auch den allgemeinen
Haß auf sich geladen. Sie seien ja gerade deswegen im März des
Jahres von den übrigen jüdischen Einwohnern zum Verlassen der Stadt
aufgefordert worden. Meier Wertheimers Beharren auf der Bürgerannahme
sei umso schlimmer, weil er jetzt die Situation ausnutze, gerade jetzt, nachdem
die Woge der Volksstimmung und die anprallende Brandung, welche
die Alexander Wertheimersche Familie trotz der Sicherheitsanker der hiesigen
Bürgerschaft zu verschlingen drohte, sich wieder etwas gelegt hätten.
Leider gäbe es, so in einem Schreiben des folgenden Jahres, gegen den
Schacher und Wucher keine Mittel, diese wuchernde Giftschlange in ihrem
Entstehen zu vertilgen. Jedoch auch hier scheiterten alle Einwände der Gemeinde
.108 An vielen anderen Beispielen ließe sich leicht zeigen, wie sich
gerade in der Frage des Bürgerrechtes die antisemitischen Vorstellungen
entfalteten.

Wie um seine Haltung in dieser Frage zu verdeutlichen, meldete sich aus
Baden-Baden der seit Anfang April pensionierte Oberamtmann Häfelin:
Meier Wertheimer, so schrieb er im Juni 1848, bezeuge ich aufsein Verlangen
pflichtgetreu und unter meinem Ehrenwort, daß während meiner Amtsführung
zu Bühl von keinem Amtsangehörigen irgend eine Klage oder Beschwerde
gegen denselben wegen Geldwuchers oder anderer betrüglicher
Geschäfte vorgebracht worden seyen, und er habe ihn nur als gesitteten
und ordnungsliebenden jungen Mann kennen gelernt.109

Wie wichtig die Auseinandersetzung mit den jüdischen Einwohnern war,
zeigte sich nochmals. In der Sitzung der 2. Kammer der Karlsruher Volksvertretung
am 22. November 1848 legte nämlich die Gemeinde Bühl eine
weitere Petition vor, getragen durch Gemeinderat, Bürgerausschuß und eine
Gemeindeversammlung: Durch ein Gesetz sollten alle jüdischen Bürger
vom Bürgernutzen ausgeschlossen werden. Damit gerieten die Bühler aber
völlig in Gegensatz zur allgemeinen Entwicklung. Die Volksvertretung
ging zur Tagesordnung über, da sie an der Gleichberechtigung der jüdischen
Einwohner nicht mehr rütteln lassen wollte.110

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