Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 424
(PDF, 141 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0424
Durch die Gesetze über die Bürgerbewaffnung waren die Gemeinden verpflichtet
, die in Frage kommenden Männer auf ihre Kosten mit Waffen und
Munition zu versorgen. Bürgermeister Stengel versuchte zuerst die Waffen
in Straßburg zu kaufen. Da er aber dort keinen Erfolg hatte, wandte er sich
in Karlsruhe an seinen Freund Struve, auf dessen Anweisung hin er Waffen
kaufen konnte. Zusammen mit diesen verteilte er an die Lichtenauer Bürger
auch noch 1000 scharfe Patronen8. Die Bürgerwehr beschränkte sich
aber vorläufig auf die Durchführung nächtlicher Patrouillengänge9.

Die militärischen Unternehmungen von Hecker und Struve in Südbaden im
April 1848 verursachten in Lichtenau keine Reaktionen. Das war ganz anders
am Abend des 24. September 1848, als der Struveputsch in Staufen
zusammenbrach. Während die Bürgerwehr in der Nacht ihre Kontrollgänge
machte, lärmten halbtrunkene Burschen auf der Straße. Bürgermeister
Stengel ließ sie festnehmen und in Arrest setzen. Daraufhin versammelten
sich etwa 150 mit Stöcken und Gewehren bewaffnete Personen vor dem
Rathaus, lärmend und Heckerlieder singend. Zwei Schüsse fielen. Den Juden
wurden die Fensterscheiben eingeschlagen, einem Bürger die Scheiben
mit Steinen eingeworfen. Gegen den ungeliebten Ortsvorstand Stengel
wurden Drohungen ausgestoßen. Am nächsten Abend lärmten mit beginnender
Dämmerung bereits 200 Menschen auf den Straßen. Viele waren
mit Gewehren versehen, so daß der Gendarm es für das Beste hielt, sich
zurückuziehen. Daraufhin wurden die Arrestanten befreit. Die Belästigungen
äußerten sich weiterhin in Steinwürfen gegen die Fensterläden und
Schüssen gegen die Häuser. Dem Ratschreiber Kah wurden die Fensterscheiben
zertrümmert. Bürgermeister Stengel befürchtete das Schlimmste
und floh mit seiner Familie in ein Nachbarhaus. Der Ortsdiener versteckte
die Gemeindekasse im Heu. Jetzt verlangte der Bürgermeister militärischen
Schutz, worauf 25 Mann der Kehler Garnison mit einem Vierspänner
in Lichtenau einrückten. Die größten Krakeeler wurden verhaftet und in
das Rheinbischofsheimer Amtsgefängnis eingeliefert. Nach drei Tagen
zog die Kehler Eskorte wieder ab in der Hoffnung, daß die Lichtenauer
Sicherheitskräfte, die Bürgerwehr eingeschlossen, Herr der Lage bleiben
werde10.

Der Lichtenauer Volksverein

Trotz der gescheiterten Umsturzversuche von Hecker und Struve blieb die
politische Erwartungshaltung in der Bevölkerung bestehen. Man hoffte immer
noch auf das Wirksamwerden des Frankfurter Parlaments. Seit dem
März 1848 gab es örtliche Zusammenschlüsse, die sich dem politischen
Fortschritt verschrieben hatten. Trotz amtlicher Verbote bestanden die Ver-

424


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0424