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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 431
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eine schlechte Politik der Verantwortlichen, es dennoch getan zu haben,
obwohl nüchterne Beobachter der Szene die Niederlage voraussahen
(Staatsrat Bekk). Als die Lichtenauer Bürgerwehrfahne überreicht wurde,
waren es gerade noch drei Tage bis zum Rheinübergang der Preußen. Die
Parole „Sieg oder Tod" auf der Fahne erwies sich vom Wehrmann aus gesehen
offenbar als hochtrabende Phrase eines Volksvereinsrethorikers. Die
Motivation der Männer hatte keine tiefen Wurzeln geschlagen. Es war
mehr eine Animation, deren rosaroten Träume im Augenblick der Gefahr
zerstoben. Der Entschluß zur Heimkehr war ein legitimes Plebiszit und
kein Opportunismus.

Preußische Truppen in Lichtenau

Nachdem die Preußen die Murglinie durchbrochen hatten, bemühten sie
sich nicht um den Fall der Festung Rastatt, sondern marschierten südwärts
weiter, eine Kolonne auf der Rheinstraße (heute B36). Diese erreichte am
Sonntag, den 1. Juli 1849, nachmittags Lichtenau. Dort erwartete sie eine
Gemeindeabordnung unter Leitung des Apothekers Gustav Wagner (1784—
1863), eines geborenen Berliners und Freiheitskämpfers von 1813 (Teilnehmer
an der Schlacht von Großbeeren, Inhaber des EK und des russischen
St. Georgenordens). Seine Fürsprache schuf ein Klima des Vertrauens
zwischen der Bevölkerung und den preußischen Soldaten, denn sie
blieben eine Nacht im Quartier mit 92 Offizieren, 3121 Mann und 396
Pferden. Den Quartiergebern wurde pro Mann zwei Pfund Brot, ein Pfund
Fleisch und ein Schoppen Wein im Wert von 17,5 Kreuzern zu dessen Verpflegung
ausgehändigt. Für einen Offizier wurde ein Gulden verabreicht31.

In der Kindheit des Verfassers, während des Ersten Weltkrieges, zog in
Lichtenau öfters ein alter Mann von Haus zu Haus und bettelte etwas Lebensmittel
zusammen. Es war der „alte Gottlieb" aus der Thiergartenstr. 8.
Als die Preußen am 1.7. 1849 einmarschierten, war er im richtigen Lausbubenalter
und gedachte die Preußen wirksam zu necken. In dieser Absicht
stellte er sich auf die Bachbrücke, und als die Ulanen herankamen, ließ er
eine kräftig tönende Rätsche kreisen, so daß die Pferde scheuten. Einer der
verärgerten Reiter sprang sofort vom Pferd, um den „Lümmel" zu züchtigen
. Dieser eilte schnell in das Haus zwischen der Straße ins Neudörfel
und dem Bach (Hauptstr. 50) und sprang durch ein offenes Fenster an dessen
Rückseite in die gerade viel Wasser führende Acher. Der Ulan hatte
keine Lust, ihm dorthin zu folgen.

Vom 29. Juli bis zum 17. August 1849 wurde in Lichtenau eine Eskadron
des preußischen Husarenregiments Nr. 3 mit fünf Offizieren und 124 Mann

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