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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 479
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0479
Das Armutsproblem drohte sich in Oppenau zu einem politischen und sozialen
Sprengsatz zu entwickeln. Wie weit die Erosion der sozialen Ordnung
fortgeschritten war, zeigt die Tatsache, daß von Mai bis Dezember
1848 14 Diebstähle von Oppenauer Stadtarmen dokumentiert sind24. Der
Oppenauer Gerber Anton Brauer, der sich und seine Familie kümmerlich
nährte und kein Vermögen hatte, beging ebenso einen Diebstahl wie der
30jährige Nagelschmied Josef Pfeffer. Im Herbst mehrten sich die Felddiebstähle
: Die Ehefrau des armen Küfers Ignaz Wußler wurde des Krautdiebstahls
überführt ebenso wie Maria Anna Dürr, die Frau eines verdienstlosen
Tagelöhners. Katharina Huber und Olga Weiß wurden des
Marktdiebstahls angeklagt. Daß buchstäblich nichts mehr heilig war, belegt
auch ein Kirchendiebstahl einer herumvagabundierenden Oppenaue -
rin. Der Schlosser Lorenz Ruß, der keine Arbeit, aber viele Schulden hatte
und dessen Haus versteigert wurde, versuchte sich mit seinen handwerklichen
Fertigkeiten gar als Falschmünzer.

Der drohenden Erosion der sozialen Ordnung hatte man in Oppenau schon
zu Anfang des 19. Jahrhunderts durch eine kommunale Armutspolitik entgegenzuwirken
versucht. Bis zur Aufhebung des Klosters 1802/3 hatten
die Prämonstratenser von Allerheiligen sich der Armen angenommen. Oppenau
konnte sich auf einen Armenfond stützen, dessen Kapital sich 1810
auf 12400 fl. belief25. Aus den Zinserträgnissen wurden 49 Personen unterstützt
. Arbeitsfähige Personen wurden zu öffentlichen Arbeiten herangezogen
. Bis zum Jahr 1862 stiegen die Kosten für die Armenunterstützung
auf 1273 fl. 7 xer. Jeder Oppenauer hatte 40 xer Armensteuer aufzubringen
. Um die Ausgaben für Lebensmittelunterstützung nicht ins Unbegrenzte
wachsen zu lassen, hatte Oppenau trotz klammer Finanzen 1840 für
42000 Gulden den Haldenhof gekauft und in 390 Bürgerlose geteilt26.
Schon im 18. Jahrhundert war die Gemeinde in Besitz des Fischerhofes gelangt
. Jeder Bürger erhielt zwei Parzellen Allmendfeld, auf dem er seine
Kartoffeln und etwas Getreide anbauen konnte. Diese Wohltat ist es
hauptsächlich, was einen Teil der Bevölkerung vor gänzlicher Verarmung
schützt21.

Es stellt sich die Frage, ob angesichts der Oppenauer Massenarmut
1848/49 tatsächlich eine Sozialrevolutionäre Situation bestand. War der
Pauperismus, wie Oberamtmann Pfister 1851 vermutete, ein wesentlicher
Faktor der Revolution in Oppenau? Wie verhielten sich die sozialen Eliten
der Stadt?

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