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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 481
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ren, Gabeln, Sensen und Hacken zum Kniebis, um die württembergische
Grenze zu verteidigen34. In Oppenau wurde schnell eine bewaffnete Mannschaft
zusammengestellt, die der Bärenwirt Roth und Christian Braun auf
ihren Fuhrwerken nach Appenweier brachten35. Nachdem der Alarm abgeblasen
war, kehrten die Oppenauer Krieger auf ihrem Rückweg beim
Kranzwirt Geldreich ein und verursachten der Stadt eine Rechnung von 7
Gulden und 28 xer36. Ob der Franzosenlärm aus politischem Kalkül ausgestreut
worden war oder ob er das Resultat der allgemeinen Unsicherheit
war, ist nicht zu klären. Hintergrund war wohl eine Demonstration von
8000 Emigranten am 8. März 1848 in Paris. Einige von ihnen bildeten die
Pariser Legion und setzten sich Richtung Oberrhein in Marsch. Vor allem
in der Ortenau wurde die Erinnerung an die französischen Raubkriege
wach. Zugleich wird jedoch ein neues Trauma sichtbar: die Angst vor einer
sozialen Revolution. Gerade dort, wo wie in Oppenau das Armutsproblem
bedrängend war, führte dieser Schock zu einer zunehmenden Distanzierung
von den revolutionären und demokratischen Zielen und zum Bedürfnis
, die Revolution in legale und konstitutionelle Bahnen zu lenken.

Diese Tendenz dürfte sich nach dem Ortenauer Heckerzug verstärkt haben.
In der Morgenfrühe des 26. April zogen 37 Mann von Achern, mit Säbeln
und Gewehren bewaffnet, Richtung Kappelrodeck und Oberkirch37. Gegen
12 Uhr mittags gelangte die inzwischen 200 Mann umfassende Schar in
Oberkirch an und machte im Bierhaus Schrempp 3 Stunden Rast. Dann
marschierten sie weiter Richtung Oppenau, allwo nach ihrer Angabe noch
eine starke Abteilung zu ihnen stoßen würde38. Die Schar wollte durch den
Schwarzwald Hecker zu Hilfe eilen. Sei es, daß den Freischärlern die Nachricht
von der Niederlage der Heckeranhänger bei Freiburg übermittelt wurde39
oder daß sich dem Trupp, der durch Betrunkene und Verwahrloste in
seinen Reihen einen eher abschreckenden Eindruck machte, niemand mehr
anschloß40 - man kehrte um. In Lautenbach machte man nach Polizeimeldungen
beim Rückzug noch Unfug. Unter Trommeln machten die inzwischen
größtenteils betrunkenen Freischärler in der Ortsmitte Spektakel und
feuerten die Gewehre ab, was die Bewohner in große Besorgnis versetzte.
Zum zweiten Mal wurden Besitzbürgern und Hofbauern vor Augen geführt,
welche Auswirkungen eine revolutionäre Anarchie haben konnte.

Mit dem Zusammentritt der Nationalversammlung in Frankfurt am 18. Mai
1848 schien die Revolution in gesetzliche Bahnen gelenkt. Nachdem der
Abgeordnete Robert Blum am 9. November 1848 unter jeder Mißachtung
der parlamentarischen Immunität erschossen worden war, herrschte auch in
gemäßigten Kreisen Empörung. Im Oppenauer „Adler" wurde am 8. Dezember
1848 vom Bürgermeister und den Gemeinderäten eine Totenfeier
für Robert Blum abgehalten41. Die Kluft zwischen liberalen und demokratischen
Gruppierungen wurde jedoch bald wieder sichtbar.

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