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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 541
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der Eisenbahn von Kehl bis Offenburg nur Angestellte von der erprobtesten
Gesinnung belassen zu wollen, da [.. .] die Anarchisten in jüngster
Zeit auf beiden Rheinufern zumal in der Nähe von Straßburg sich wieder
sehr rührig zeigen, unzuverlässige Angestellte sehr schädlich wirken können
, und durch die Belassung verdächtiger Bediensteter unter den Gutgesinnten
Entmuthigung erzeugt und bei den Schlecht gesinnten die Versuchung
zu anderen Verführungen erweckt wird.

Wie zu erwarten, prasselte das - natürlich immer in wohlgesetzten Worten
gehaltene - Donnerwetter über dem Post- und Eisenbahndirektor nieder,
dem man die höchste Wachsamkeit dringend zur Pflicht zu machen für
nötig hielt. Offenbar vertraute man auch im zuständigen Ministerium nicht
unbedingt auf die Selbstreinigungskraft der Eisenbahnverwaltung, die in
den Verdacht geraten war, gesinnungsuntüchtige Bediente zu decken. Als
Antwort legte Direktor Reizenstein die für diesen Artikel ausgiebig zitierten
Rechtfertigungen Harwengs vor und ging gleichzeitig zum Gegenangriff
über. Er ließ das Innenministerium über den Dienstweg auffordern: es
möchte [. . .] der Herr Berichterstatter veranlaßt werden, die ihm bezüglich
auf das Verhalten des betr. Dienstpersonals und namentlich des Werkführers
Groß etwa mitgetheilten näheren Notizen genau anzugeben und namentlich
die Quelle, aus der sie ihm zugekommen, namhaft zu machen.
Dort war man offenbar nicht bereit, den Denunzianten zu nennen, weshalb
Reizenstein einen knappen Monat später seinem Ärger deutlich Luft machte
, als er dem Staatsministerium weiteres Entlastungsmaterial übersandte.
Es sei traurig, wenn der doch so verdienstvolle Groß nun auf einmal durch
leichthin aufgenommenes Gerede verdächtigt werde. Nur eine gründliche
Untersuchung könne zeigen, ob die fraglichen Worte des Herrn Berichterstatters
, womit derselbe auf Unkosten meiner Administration seinen Bericht
pikant zu machen gesucht hat, Wahrheit enthalten, oder, wofür ich sie
bis zum Beweise des Gegentheils halten muß, Verläumdungen.

Ein abschließendes Urteil über Groß und seine politische Haltung in den
Revolutionsjahren ist heute natürlich nicht mehr möglich, und so muß dahingestellt
bleiben, ob er unschuldiges Opfer von Verleumdungen oder ein
introvertierter Fachmann war, der sich dem revolutionären Drang seiner
Arbeitskollegen zeitweise anschloß. Das von seinem Vorgesetzten gezeichnete
Porträt läßt beide Lesarten zu.110 Groß machte in der Folge noch einmal
einen Karrieresprung und starb in Freiburg als Werkmeister. Harwengs
kurzes Gastspiel in der Eisenbahn-Bezirksverwaltung ging dagegen bald
zu Ende. Möglicherweise hielt man es nach den Vorfällen für ratsam, den
kränklichen Amtsvorstand, der fast seine gesamte Karriere als Revisor bei
der Zentralverwaltung verbracht hatte, wieder auf einen ruhigeren Posten
zu versetzen.

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