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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 571
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III. Welche Freiheitsvorstellungen entwickelten Soldaten im Spannungsfeld
zwischen Offizieren und Revolutionären? In der ersten Märzhälfte
1848 gab es noch wenig Anzeichen, daß die Mannschaften in den badischen
Garnisonen besonders freiheitlich gesinnt waren. Sie marschierten
gehorsam in die ländlichen Gebiete im Odenwald und im Kraichgau und
verhinderten durch ein Netz von Posten die Ausweitung der Agrarunruhen.
Sobald jedoch die einberufenen Urlauber in die Garnisonen eingerückt waren
und sich die Nachricht von den Barrikadenkämpfen in Berlin verbreitet
hatte, entwickelte sich eine Art Märzbewegung der Soldaten, die kaum bekannt
ist. Soldaten und Unteroffiziere aus Mannheim, Karlsruhe und Rastatt
reichten bei der Zweiten badischen Kammer Petitionen ein, in denen
sie mehr Sold, besseres Essen und die Anrede mit Sie forderten14. Die
Adressen, die Hunderte von Unterschriften trugen, thematisierten auch
Freiheit und Grundrechte. Sie betonten, daß die Soldaten durch den Eid auf
die Landesverfassung nun alle verfassungsmäßigen Rechte der übrigen
Staatsbürger besäßen, wie zum Beispiel Petitionen zu schreiben oder Versammlungen
zu besuchen. 243 Soldaten aus Karlsruhe erklärten: Auch wir
müssen befreit werden von den willkürlichen, dem Ehrgefühl des Mannes
widerstrebenden Quälereien, wir müssen befreit werden vom Drucke jener
hergebrachten Gesetzlosigkeiten des Kamaschendienstes, denn nur der
freie, sich als Bürger fühlende Soldat, nur der die Freiheit und das Recht
Genießende wird fähig, seine Freiheit und Recht zu schützen. Die Petition
leitete somit aus der Aufgabe der Soldaten, die verfassungsgemäße Ordnung
und die gesetzlich verankerten Freiheiten zu sichern, das Recht der
Mannschaften ab, selbst in den Genuß von Freiheiten zu kommen. Die Soldaten
forderten vor allem eine menschenwürdigere Behandlung innerhalb
der Kasernenwände. Besonderer Stein des Anstoßes waren nicht nur unwürdige
Schimpfworte, Backenstreiche, Stöße und Schlüge, sondern auch
die Arreststrafen. Der erschwerte Arrest in völliger Finsternis bei Wasser
und Brot nahm sich wie ein Relikt des Ancien Regimes aus. Häufig wurden
die Arrestanten krummgeschlossen. Einen Arm an ein Bein gebunden, kauerte
der Gefangene ohne Lagerstätte auf dem kalten Boden. Auch wenn die
Arreststrafen im Vormärz eingeführt worden waren, um die Stockstrafen
zu ersetzen, so wurden sie doch von Soldaten als entwürdigend empfunden
. Hinzu kam, daß sich Soldaten erst dann über Arreststrafen, die ihnen
ungerecht erschienen, beschweren durften, nachdem sie sie abgesessen
hatten. Unser sogenanntes Recht zur Beschwerde ist eine wahre Verhöhnung
des menschlichen Verstandes und es empört uns, wenn man uns nur
daran erinnern will, klagte die Rastatter Petition. Es verwundert also nicht,
daß Soldaten im Zuge der Märzbewegung gegen das Disziplinarverfahren
protestierten. Angesichts der neuen Zeit erschienen Arreststrafen als unzulässige
Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit. Hierin waren sich
Soldaten und Zivilisten einig. So versammelte sich in Offenburg am 10.

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