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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 573
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Es lag somit kein Widerspruch darin, daß Soldaten einerseits zusammen
mit Bürgern vor Arrestzellen für größere persönliche Freiheit demonstrierten
und andererseits den republikanischen Freischarenaufstand vom April
1848 niederschlugen. Die Soldaten blieben in den Gefechten gegen die Republikaner
zum Teil deshalb gehorsam, weil sie das Feindbild ihrer Vorgesetzten
von anarchischen Rehellen übernommen hatten. Überdies wurden
die republikanischen Freischarenzüge nur von einer Minderheit unterstützt.
Ein Bündnis mit Republikanern war deshalb viel weniger opportun als ein
Engagement für die Grundrechte, die von weiten Kreisen der Bevölkerung
gefordert wurden.

Eine wichtige Voraussetzung für das Bündnis badischer Soldaten mit der
Revolutionsbewegung im Mai 1849 war, daß sie die Reichsverfassungskampagne
als legitimen Kampf für die Verwirklichung von Grundrechten
begriffen, weil die Fürsten nicht an der bundesweiten Durchsetzung der
Reichsverfassung und damit der Grundrechte, die in ihr verankert waren,
interessiert schienen. Zu dieser Interpretation der Kampagne trugen mehrere
Faktoren bei. Erstens die Arbeit der demokratischen Volksvereine und
die politische Belehrung der Mannschaften durch Kameraden. So sprach
zum Beispiel in Rastatt der Soldat Johann Stark aus Lottstetten, der mehrere
Jahre lang höhere Schulen in Konstanz, Freiburg und in der Schweiz besucht
hatte, auf Versammlungen20. Die These der Revolutionsforschung, daß die
mehr als 400 Volksvereine, die sich im Winter 1848/49 in Baden gebildet
hatten, zur Politisierung der Soldaten beitrugen, wird von dem Bericht des
württembergischen Hauptmanns von Kallee bestätigt21. Kailee machte sich
im Februar 1850 auf Grundlage der heute zum größten Teil verschollenen
Kriegs- und Standgerichtsakten ein Bild von den Beziehungen zwischen
Volksvereinen und den Mannschaften im Vorfeld des Militäraufstandes. Er
fand heraus, daß die Soldaten die Vereine besucht und Ideen, wie sich das
Vereinsrecht nicht nehmen lassen, die Reichsverfassung beschützen, nicht
auf die Bürger schießen, keine Fürstenknechte sein an ihre Kameraden
weitergegeben hatten. Die Soldaten verfolgten im Frühjahr 1849 auch die
Schwurgerichtsprozesse in Freiburg gegen die republikanischen Freischarenführer
Gustav Struve und Karl Blind. Die Rezeption der gedruckten
Verteidigungsreden, die sich die Soldaten abends im Kasernenzimmer gegenseitig
vorlasen, trugen zur Auflösung des gegenrevolutionären Feindbilds
bei. Schließlich verteidigten Struve und Blind die revolutionäre Gewalt
als Notwehr des Volkes, um Freiheit und Recht zu schützen.

Die Allianz der Soldaten mit der Revolutionsbewegung im Mai 1849 wurde
überdies durch die Flugschriften begünstigt, die den Kampf für die
Reichsverfassung theoretisch mit der Sicherung der persönlichen Freiheit
der Soldaten verknüpften. So argumentierte der Aufruf des Kongresses der

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