Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 582
(PDF, 141 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0582
Doch bleiben wir vorerst bei der Revolutionsanhängerin und in einem Gedicht
verehrten Henriette Obermüller, die damals in Durlach lebte. Durlach
war ein kleines Landstädtchen im Schatten der badischen Residenz- und
Hauptstadt Karlsruhe. Anders als die eher hoftreuen Residenzstädter beteiligten
sich viele Durlacher auch an den radikaldemokratischen Bestrebungen
der Zeit. Eine der engagiertesten Verfechterinnen war Henriette Obermüller
. Das Haus von Gustav und Henriette Obermüller galt als gesellschaftlicher
Treffpunkt der Durlacher Demokraten. Beide Eheleute stammten
aus einer Familie mit demokratisch-revolutionärer Tradition8. Die als
Tochter des Oberrevisors beim Finanzministerium in Karlsruhe geborene
Henriette heiratete 1837 ihren Vetter, den Handelsmann in Le Havre Gustav
Obermüller. Er war der Sohn eines Kriegskommissärs9. Sein Bruder Wilhelm
war schon auf dem Hambacher Fest und Teilnehmer des Frankfurter
Wachensturms gewesen. Einige Jahre vor Beginn der Revolution verlegte
das wohlhabende Ehepaar Obermüller seinen Wohnsitz von Le Havre nach
Durlach. Gustav Obermüller, dessen Wohltätigkeit allgemein anerkannt
war, besuchte während der Revolution verschiedene Volksversammlungen,
war im revolutionären Bürgerverein und wurde Leutnant in der Bürgerwehr.
Im „Verzeichnis der Hauptteilnehmer an der Mairevolution im Oberamtsbezirke
Durlach" hieß es über ihn: Obwohl über dreißig Jahre alt, bekleidete
er die Stelle als Leutnant im ersten Aufgebot und war ein Hauptwühler. Vor
allem aber seine Frau Henriette erregte viel Aufmerksamkeit, da sie nicht
nur an Volksversammlungen teilnahm, sondern - laut späterer Anklage -
das Landvolk aufzureizen suchte, d. h. öffentliche Reden hielt10. Über sie
kursierten Gerüchte wie das, sie habe dem Lehrer und revolutionären Turner
Reinhardt eine Anstecknadel in Gestalt einer Guillotine geschenkt.

Henriette Obermüller war wie ihr Mann eine Anhängerin der Idee einer
Republik und gehörte damit zu der Fraktion, welche die Abschaffung der
Monarchie forderte". Im Sommer 1848 nahm sie an dem badisch-pfälzischen
Kongreß der demokratischen Vereine in Ettlingen teil und soll sich
hier -wie ein Polizeispitzel festhielt - unter die auf der Tribüne aufgepflanzten
roten Fahnen placirt haben. Sie war Mitglied des traditionellen
Frauen- und Jungfrauenvereins in Durlach, dessen Mitglieder ebenso wie
die des rein männlich besetzten Bürgervereins und der Bürgerversammlung
um den richtigen Zukunftsentwurf stritten. Henriette Obermüllers öffentliches
Auftreten für die „rote Republik" ließ sie aber unter den Frauen, auch
unter den Anhängerinnen der Revolution, zu einer Ausnahmeerscheinung
werden. Doch kann als sicher gelten, daß sie unter den Durlacherinnen
Gleichgesinnte fand.

Obwohl Frauen in der Bürgerwehr und auch in den Bürgerversammlungen
auf dem Rathaus keine Stimme hatten, hatten die Durlacherinnen maßgeb-

582


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0582