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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 583
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lieh Anteil an der Festlegung der politischen Richtung der Bürgerwehr12.
Im März oder Anfang April 1849 wurde das Programm für die Weihe der
Bürgerwehrfahnen entworfen. Es sah vor, daß sich die Bürgerwehr mittags
auf dem Schloßplatz versammelte, von da mit klingendem Spiel zum
Marktplatz ging, um anschließend von den in dem Rathaus wartenden
Frauen ihre Fahnen in Empfang zu nehmen13. Nachdem jedes Fähnlein
seine eigene Fahne erhalten hatte, sollten die Frauen auf den Balkon des
Rathauses treten, wo ihnen der Bannerkommandant im Namen der Bürgerwehr
dankte. Sodann begab sich die Bürgerwehr zu ihrem Exerzierplatz,
wo ein Altar für die Fahnen aufgebaut war. Nach einer Rede, nach Kanonendonner
und einem halbstündigen Manöver der Bürgerwehr sollte eine
„Volksbelustigung" stattfinden, bis die Bürgerwehr abends ihre Fahnen
wieder im Rathaus abgab.

Diese Inszenierung verortete die Frauen als Musen der Revolution und als
Zuschauerinnen des männlichen Tuns. Hier wurde ein Verhältnis der Geschlechter
auf dem Marktplatz und Rathausbalkon figuriert, das seit den
Freiheitskriegen gegen Napoleon ganz wesentlich mit der Idee der Nation
und des Vaterlandes in Deutschland verbunden war: Der kriegerisch-kämpferische
Mann und die den Krieger für Vaterland und Freiheit schmückende
oder auch pflegende Frau14. Die Art der Inszenierungen finden wir im
gesamten 19. Jahrhundert - bei Fahnenweihen von Vereinen, bei vaterländischen
Kundgebungen mit monarchistischer Ausrichtung, bei Umzügen
und bei Festen. Frauen und Jungfrauen als Hintergrund und zugleich sinnstiftende
Symbole für männliches Tun.

Doch die Durlacher Fahnenweihe hatte dennoch eine politisch-emanzipato-
rische Sprengkraft für die Frauen. Bis die Bürgerwehr endlich ihre Fahne erhielt
, gab es harte Auseinandersetzungen, an denen die Frauen nicht nur beteiligt
waren, sondern die sie auch entschieden. Bis zum Ende der Revolution
blieb die Frage, wie die Fahne der Bürgerwehr auszusehen habe - rot
oder weiß - strittig. Dabei handelte es sich nicht um Probleme der Ästhetik
oder des Geschmacks, sondern um politische Bekenntnisse. Rot war die Farbe
der sozialreformerischen Demokraten, d. h. der roten Republik eines
Friedrich Hecker, weiß die Farbe der konstitutionellen Monarchie.

Die Frage erhitzte die Gemüter so, daß es bei einer von dem Radikaldemokraten
Karl Leußler im Schloßgarten zusammengerufenen Versammlung
der Bürgerwehrmänner sogar zu einer Schlägerei kam15.

Die Gestaltung der Fahne war aber nur in zweiter Linie eine Angelegenheit
, die sich mit Fäusten regeln ließ, sie war vor allem ein Feld der politischen
Betätigung der Frauen. Unter den Führungskräften der Bürgerwehr

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