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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 584
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fand sich eine Mehrheit für eine rote Fahne, welche die Frauen sticken
sollten16. Daraufhin versammelten sich am 15. März die Durlacherinnen
im großen Rathaussaal, um die Frage der Farbe zu verhandeln und zu entscheiden
. Wie viele Frauen zusammenkamen, ist den Quellen nicht zu entnehmen
, doch gab es wohl nicht wenige, die sich völlig zurückhielten und
nicht erschienen.

Auch auf der Frauenversammlung trafen die unterschiedlichen politischen
Positionen hart aufeinander: Dem aus Durlach stammenden, von gemäßigter
Seite verfaßten Bericht in der Karlsruher Zeitung zufolge beschloß die große
Mehrheit von Frauen und Jungfrauen gegenüber einer kleinen Minderheit,
deren Lenkerin mit maßloser Dreistigkeit die hochrote Fahne forderte, daß
das symbolträchtige Tuch weiß sein sollte. Über die Gründe dieser Mehrheitsverhältnisse
lassen sich nur Vermutungen anstellen. Da die Führungskräfte
der Bürgerwehr mehrheitlich Republikanhänger waren, ist es wahrscheinlich
, daß die Frauen die Mehrheitsmeinung unter den vielleicht von
ihren Offizieren eingeschüchterten Bürgerwehrmännern durchsetzten.

Daraufhin verfaßte Henriette Obermüller einen Aufruf an die Frauen und
Jungfrauen, der am 25. März 1849 im Durlacher Wochenblatt erschien, eine
Vereinsfahne eigens für die Turner zu stiften17. Bei dem späteren Prozeß
gegen die Obermüllers wurde der Vorwurf erhoben, es sei in ihrem Haus
eine rote Fahne mit den Aufschriften „Sieg oder Tod" und „Durlachs Demokratinnen
den Turnern" gefertigt und den Turnern übergeben worden18.
Ein anderes Mal wurde der Obermüller vorgeworfen, sie habe eine rote
Fahne für die Bürgerwehr hergestellt19. Wer nun die rote Fahne mit dem
Jakobinerspruch „Siegen oder Tod" getragen hatte, die Bürgerwehr oder
die Turner, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Da ohnehin für jedes Fähnlein
eine Fahne übergeben werden sollte, d. h. da mehrere Fahnen gefertigt und
geweiht wurden, ist zu vermuten, daß bei diesem Anlaß auch die Turner,
die ebenfalls Mitglieder der Bürgerwehr waren, ihre Fahne in Empfang
nahmen, mit der sie in den Krieg ziehen wollten. Für Henriette Obermüller
brachte die Frage der Fahne und ihr Engagement für die Revolution einen
kurzen Ruhm; am 17. Juni erschien das schon zitierte, ihr gewidmete Gedicht
, die „Danksagung an die Bürgerin Henriette Obermüller".

Nur einige Tage danach marschierten die Preußen in Durlach ein und beendeten
jede Hoffnung auf Demokratie und Freiheit. Die Hauptverdächtigen
wurden verhaftet - unter ihnen auch Henriette Obermüller, der u. a. das
Fertigen der Fahne vorgeworfen wurde.

Henriette Obermüller saß ebenso wie ihr Ehemann monatelang im Gefängnis
. Das Verzeichnis der Verhafteten im Oberamt Durlach nennt sie noch

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