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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 610
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0610
Karoline saß zu dieser Zeit immer noch im Bruchsaler Zuchthaus. Sie
hatte erstmals am 12.3.1850 um Begnadigung gebeten und angeführt,
daß ihr Mann wegen des gleichen Vergehens eine Gefängnisstrafe verbüße
, deshalb niemand zuhause sei und ihr Hausstand in Zerfall ge-
rathen müsse.15 Das Vergehen selbst kommentierte sie nicht. Am
27.3.1850 teilte das Hofgericht mit, daß wir bei der Schwere, der der
Enghauserischen Ehefrau zur Last fallenden Handlung und hei dem
Mangel besonderer ... Gründe das Begnadigungsgesuch zur Zeit nicht
unterstützen können.^

Am 24.6.1850 wurde Karolines Vater, Johann Beiger, beim Justizministerium
in Karlsruhe vorstellig und bat um Begnadigung seiner Tochter. Wiederum
sprach sich das Hofgericht, an das das Gesuch weitergeleitet worden
war, dagegen aus, dieses neuere Gesuch ... zur Willfahrung zu empfehlen.11

Karoline selbst reichte im Herbst 1850 ein erneutes Gnadengesuch ein.
Diesmal unterstützte die Zuchthausverwaltung sie nachhaltig: Wir unterstützen
diese ihre Bitte umso lieber, als wir in ihr keineswegs eine schlechte
und verderbte, sondern nur eine leichtsinnige Person kennengelernt haben,
die aus ganz anderen Gründen als aus Interesse an den hochverräterischen
Unternehmungen, zu dem abenteuerlichen Auftreten, wie es ihr zur
Last liegt, gebracht worden seyn mochtet Ihr Betragen in der Anstalt sei
gut gewesen. Lediglich ihre Redseligkeit wurde bemängelt.

In dem beiliegenden Protokoll führte Karoline Enghauser nun endlich die
Beweggründe an, die man hören wollte. Nur aus Anhänglichkeit zu ihrem
Mann sei sie mitgezogen und die Männerkleidung habe sie angelegt, um
im Falle einer Trennung von ihrem Mann nicht Anfeindungen ausgesetzt
zu sein.19 Diese Argumentation wurde von den Behörden aufgenommen
und folgendermaßen interpretiert: Karoline sei eine leichtsinnige Person,
die nicht aus staatsgefährlichen Gesinnungen sondern aus Anhänglichkeit
zu ihrem Mann..., sich zu dem vorliegenden Vergehen verführen ließ ...20
Auch die notwendige Reue und die Versicherung, sich zu bessern, hatte
Karoline nun endlich geäußert und so stand einer Begnadigung am
16.11.1850 nichts mehr im Wege. Aus dem aufrührerischen, gewalttätigen
Weib war zumindest in den Akten - eine schutzbedürftige, verführte Ehefrau
geworden.

Sieben Jahre vor ihrer revolutionären Aktion war Karoline mit den Behörden
in Konflikt geraten und hatte die Härte des Systems zu spüren bekommen
. Eine Akte mit dem Titel „Ausstellung von Reiseurkunden für die
Karoline Beiger"21 berichtet von dem Vorfall. Sie ermöglicht einerseits,
Karoline als Persönlichkeit zu erfassen und zeichnet andererseits ein Bild

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