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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 618
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0618
Die Situation der Juden im Vormärz

Um die antijüdische Gewaltwelle 1848 in ihren historischen Gesamtzusammenhang
stellen zu können, muß die Situation der Juden im Vormärz
in den Blick genommen werden. 1825 lebten im Großherzogtum Baden
17 577 Juden, sie machten 1,6% der Gesamtbevölkerung aus.12 Im Jahre
1846 war ihre Zahl auf 23 258 angestiegen (1,71%). Den höchsten Anteil
der jüdischen Bevölkerung verzeichnete 1852 der Amtsbezirk Sinsheim
(7,1%). Nach den Amtsbezirken Konstanz (5,1%), Adelsheim (5,0%),
Mannheim (4,2%) und Wiesloch (3,5%) folgte Lahr (3,3%), ein Ortenauer
Amtsbezirk.13 Die Amtsbezirke Euenheim und Lahr bildeten neben den
nordbadischen Ämtern einen Schwerpunkt jüdischer Ansiedlung in Baden.
Die größte israelitische Gemeinde beherbergte das ehemals reichsritter-
schaftliche Dorf Schmieheim, wo 1839 434 Juden lebten, gefolgt von Altdorf
(275), Rust (198) und Kippenheim (145).14 Die in der nördlichen Or-
tenau gelegene israelitische Gemeinde Bühl umfaßte 1837 245 Mitglieder
(9,22% der Einwohnerschaft)15, die israelitische Gemeinde Kuppenheim
1834 125 Personen.16 In den Städten Baden-Baden, Kehl, Offenburg, Haslach
, Gengenbach und Lahr lebten keine Juden. Erst nach der endgültigen
rechtlichen Gleichstellung der Juden 1862/72 öffneten diese Handelszentren
dieser Minderheit ihre Mauern.

Bürger zweiter Klasse

Während die Juden jahrhundertelang als Fremdlinge betrachtet wurden,
verlieh ihnen das 1806 gegründete Großherzogtum Baden am 4. Juni 1808
die Staatsbürgerschaft und somit ein Heimatrecht in Baden. Alle Staatsämter
in der Exekutive waren ihnen nun zugänglich. Allerdings verwehrte
ihnen das gleiche Edikt, das sie zu erbfreien Staatsbürgern machte, das
Ortsbürgerrecht: Ohne Einwilligung der Ortsgemeinde und besondere Erlaubnis
des Regenten, auch da wo sie bisher waren, sollen sie im allgemeinen
noch nicht als Gemeindsbürger, sondern nur gleich anderen, zum
Ortsbürgerrecht nicht geeignete Christen, als Schutzbürger anerkannt
werden.11 Die Juden blieben also auf Gemeindeebene Bürger zweiter
Klasse, die nicht einmal den Gemeinderat oder den Bürgermeister wählen
durften.

Schwerer als diese Benachteiligung im Politischen wog die Tatsache, daß
sie als Schutzbürger keinen Zugang zum Gemeindeeigentum und Allmendgenuß
erhielten. Die Frage des „Bürgernutzens", vor allem im Streit um-
Wasser- und Waid, hatte schon in den vergangenen Jahrhunderten immer
wieder für Konfliktstoff in den Gemeinden gesorgt.18 Die christliche Dorf-

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