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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 622
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Holzscheite mit, in Wolfach den ,Judasbengel\ einen beträchtlichen Prügel
, den sie an einer Kette befestigt haben, um ihn nach der Feuerweihe
durch den Pfarrer in halbverkohltem Zustande herauszuziehen. Im nahen
Bach wird das glühende Holzstück dann gelöscht und alsbald triumphierend
nach Hause getragen, wo man die Karsamstagskohlen nun als Schutz
gegen Blitz und Feuer aufbewahrt. In Schuttern verbrannte man früher im
„Judasfeuer" alte Grabkreuze."31

Fridolin Löffler hat dieses Brauchtum in Schuttern erlebt, wo er in der Mitte
des 19. Jahrhunderts seine Kindheit verbrachte. Wie es auf ihn wirkte,
vermitteln seine Kindheitserinnerungen: Am Samstag vor Ostern wurde neben
der Kirche aus alten Kreuzen vom Gottesacker das Osterfeuer angezündet
. Uns Kindern erzählte man, der „ewige Jude" werde verbrannt.
Unter diesem ewigen Juden stellte ich mir immer einen alten Juden aus
Friesenheim vor, der jede Woche in Geschäften unseren Ort zu Fuß durchwanderte
, trotzdem er die hundert überschritten hatte. Wie freute ich mich,
wenn ich ihn nach Ostern wieder wohl und munter sah und fand, daß das
Feuer ihm keinen Schaden gebracht?2 Aus Altdorf liegt uns eine Schilderung
aus der Zeit des Dritten Reiches vor: Schon am Tage vorher haben
wir Buben uns nach einer wadendicken, ungefähr eineinhalb Meter langen
Holzwalze umgesehen, in die an dem einen Ende zur Befestigung des Eisendrahtes
oder der Kette eine Kerbe ringsum eingeschnitten wurde, so
daß das Ganze wie der Rumpf und Kopf einer menschlichen Figur aussah.
Dieses Holz, der Jud genannt, wurde nun im Feuer, über das der Weihesegen
gesprochen wurde, allseitig angebrannt, so daß es hernach wie ein
kleiner Neger, oder Kaminfeger aussah. An den eigentlichen Zweck wurde
kaum mehr gedacht. Die Spuren von dem verbrannten Juden, den man nun
stolz, nach Hause schleppte, waren auf den vielen steinernen Kirchenstaffeln
zu sehen und auch aufder Dorfstraße... Natürlich hänselten und foppten
wir mit dem zu Tode „ Gemarterten" die gleichaltrigen nichtarischen
Knaben.33

Zum Brauchtum gehören auch Kinderreime, von denen nicht wenige mit
antijüdischem Gift angefüllt waren. Aus Friesenheim ist folgender Vers
überliefert, der in Abwandlungen auch in anderen badischen Orten
kursierte:

Judd, Judd Heckezahn
morge muesch verrecke dran
am nüni begrabe sie
am zehni muesch bim Teufel s//34

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