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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 630
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Die Übergriffe flauen ab

Um der kollektiven Gewalt gegen die Juden Einhalt bieten zu können, erließ
die Regierung ein Gesetz, das den Gemeinden die Haftung auferlegte
für alle von einer größeren zusammengerotteten Menge, oder von einer bewaffneten
oder unbewaffneten Vereinigung Mehrerer mit offener Gewalt
hervorgerufenen Schäden. Innenminister Johann Baptist Bekk, der auf
Aufforderung von Friedrich Hecker diesen Gesetzesentwurf in das Parlament
einbrachte, rechtfertigte in seinem Buch: „Die Bewegung in Baden"
diese Entscheidung: Diesen Gesetzesentwurf ließ ich mit der darin enthaltenen
Bestimmung, daß er auf alle nach dem 11. März vorkommenden Fälle
Anwendung finde, sogleich in allen Gemeinden öffentlich bekanntmachen
. Die verschiedenen angewandten Mittel bewirken, daß diese Judenkrawalle
aufhörten.*'9 Allerdings mußte Alexander Weill, der das Hauptziel
der Bühler Unruhen war, drei Prozesse durchfechten, um endlich zu seinem
Recht zu kommen. Erst Anfang 1856 ersetzte ihm die Stadt Bühl mit
einer Zahlung von 585 Gulden seinen Schaden.70

Wenn die Unruhen auch abflauten, so waren die judenfeindlichen Aktionen
letztlich von Erfolg gekrönt. Am 16. März 1848 legte Innenminister Bekk
einen Verfassungsänderungsentwurf vor, der alle staatsbürgerlichen Einschränkungen
zu Ungunsten der Juden beseitigen sollte. Der am 13. Februar
1849 von der I. Kammer bestätigte Entwurf enthielt allerdings einen
Vorbehalt: Die Berechtigung der Israeliten am Bürgergenusse (bleiben)
vorerst unberührt.11 Bekk begründete diesen Schritt mit der antijüdischen
Stimmung in der Bevölkerung: Die Regierung (hielt es) für bedenklich,
durch etwaige zwangsweise bürgerliche Aufnahmen von Israeliten in Gemeinden
, den kaum beschwichtigten Brand von neuem zu entfachen... Ich
bemerkte der Kammer, sie werde die Gründe zu würdigen wissen, aus welchen
man im Augenblicke die Verhältnisse der Israeliten zu den Gemeinden
noch nicht regle.12 Die 1844 im Brockhaus gegebene Einschätzung des
Emanzipationsprozesses hatte also auch 1848/49 seine Gültigkeit noch
nicht verloren: Liberale, denen es um die Volksgunst zu tun ist, haben meist
Bedenken getragen, sich offen und entschieden für die Juden zu erklären,
denn populär ist die Sache der Juden nicht.13

Fortschrittlicher zeigte sich das vom 31. März bis zum 3. April 1848 tagende
Frankfurter Vorparlament. Zwei der vom Vorparlament formulierten
„Grundrechte und Forderungen des deutschen Volkes" betrafen die rechtliche
Stellung der deutschen Juden: Gleichstellung der politischen Rechte
ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses und Gleiche Berechtigung
aller Bürger zu Gemeinde- und Staatsämter.14 Das Offenburger Wochenblatt
reagierte am 14. April 1848 mit einem Spottartikel auf diese Emanzi-

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