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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 714
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muß wieder praktisch arbeiten. Überdies ist meine Lage der Art, daß ich
mich umsehen muß. Der Fiscus macht nun meiner Frau sogar ihr Leibgedinge
streitig und außer dem Bischen, was ich gerettet habe, hat der Staat
seine Krallen uns auf Alles gelegt; das Bischen, was ich gerettet, kann ich
nicht aufzehren und hinlungern, sondern muß suchen, eine neue Existenz,
freilich unter harten Kämpfen, zu gründen. Ich habe dem Volke alles geopfert
- es hat mich verlassen, verrathen, ich will nicht wie Hutten hier verelenden
, und kann ich bis Mitte September meine Fahne nicht wieder aufstecken
und Hunde todtschießen, so steht mein Entschluß fest, dann mit
dem amerikanischen Gesandten Goundie35, meinem biederen Freunde,
fortzugehen. Behalte übrigens diesen Entschluß für dich. Vielleicht siehst
du meine Frau, sie wird dir das Weitere sagen.

Gerne würde ich Dich noch einmal sehen, ehe wir auf ewig scheiden. Du
und ich haben es ehrlich miteinander und mit dem Volke gemeint. Bist Du
dereinst heimgegangen und ich im fernen Lande zur Nimmerwiederkehr,
dann mag es sich sagen, daß die selten sind, welche sich willig und treu für
seine Sache opfern.

Die Angelegenheiten in Deutschland gehen den Krebsgang, mit Ingrimm
und Rachedurst überblicke ich die grenzenlose Betrügerei und Verrätherei,
die schwatzende Mittelmäßigkeit und den verächtlichen Egoismus der
Schurken, welche nicht Führer des Volkes waren. O ich würde gerne verenden
, könnte ich nur einen einzigen Tag einbrechen über jene Versammlung
und jene Verräther zerreißen und ihre blutenden Fetzen schleudern sehen
an die Mauern. Gibt es denn keine Vergeltung mehr? Und das Volk harrt
schläfrig an den Thüren, legt die Hände in den Schoß und wartet träge auf
den Messias.

Täglich sage ich ihm in meinem Volksfreunde, daß man es knebelt, betrügt,
mordet; es erkennt es und - legt die Hände in den Schoß. Es ist um wahnsinnig
zu werden. Vorgestern verließ mich meine Frau, welche ihrem Wochenbette
entgegen geht! Es war eine schwere Scheidestunde. Ob ich sie
wiedersehe, dieses hochschwangere Weib36, diese Perle im Glück wie im
Unglück, die schmerzlos sich lossagte von dem glänzenden Loose, die freudig
mir folgt nach den Prärien des fernen Westens von Amerika. Nun ich
habe so vieles ertragen und hatte keine Stützen als ein reines Gewissen und
die Treue der Überzeugung für republikanische Freiheit, sie werden mir
auch diese Stunden ertragen lassen.

Scheust Du dich nicht „den Rebellen" zu besuchen so thue es bald, ich will
Dich mit der alten Liebe ans Herz drücken. Dein treuer Hecker

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