Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 718
(PDF, 141 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0718
Fast wöchentlich kommen noch Flüchtlinge nach dem Westen, Parlamentsmitglieder
und andere, Hoffbauer45 ist Arzt in Iowa, Schmitt46 aus Löwenberg
hat eine Erziehungsanstalt in St. Louis, Dietzsch41 von Annaberg redi-
girt daselbst ein Journal, Schlöffet^ und Reichardt 49 sind Gastwirthe in
Philadelphia, Zitz50 firmiert ((?)), Lehlbach51 ist Pfarrer in Newark u.s.w.
und ich bin ein zusammengearbeiteter Bauer, der sich dieses Jahr mit pflügen
, säen, mähen, fruchtbinden, Mais bauen u.s.w. geschunden hat wie
kein Bauersknecht der alten Welt; und oft wenn ich hinter dem Pflug gehe
denke ich des schönen Vaterlandes und des bewegten Lebens, in das doch
mancher helle und Hoffnungsstern hineinleuchtete, die erloschen sind,
durch den Bedienstengeist der Nation, mißleitet durch betrügerische
Schwätzer, nachdem sie vorher Jahrhunderte hindurch verpfuscht worden
usw. Doch weg von diesen Leiden, von Politik!

Meine Frau ist fortwährend kränklich, wovon ihre Schwangerschaft57- ihr
Theil trägt und mit Bangen sehe ich auf einsamem Gehöfte ihrer Niederkunft
entgegen, wo oft die nöthigste ärztliche Hülfe zu Zeiten nicht geleistet
werden kann, und nur das Selbstvertrauen, das der Mann nach manchen so
herben Schicksalsschlägen und besonders in diesem Lande des „ hilf dir
selbst" und des grenzenlosen Egoismus gewinnt, läßt mit Gelassenheit in
die schwerste Zukunft blicken. Ich betrachte mich eben als einen schiffbrüchigen
oder gestorbenen Mann, dessen Aufgabe es ist, schon diesseits
aus dem Strom der Vergessenheit zu trinken und sein vergangenes Leben
wie eine sonderbare Sage zu betrachten; und wenn ich fest und ruhig
schlafe, so ist eben daran nur das Bewußtseyn einerseits Schuld, ohne Ehrgeiz
und Eigennutz das Beste gewollt zu haben und andrerseits nie auf
Menschen Dank gerechnet, nie um der Menschen Willen, sondern um meiner
Prinzipien willen gehandelt zu haben. Die Bassermänner, Soirons, Ma-
thys schlafen meinen ruhigen Schlaf nicht und wehe ihnen, wenn mich das
Geschick noch einmal über den Ozean führt; und ich denke, auch meine
prinzipiellen Gegner und Todtfeinde wissen zwischen ihnen und mir zu unterscheiden
. Meine Freude jetzt ist, etwas um mich durch meinen Hundefleiß
erstehen und meine Kinder, nach den Begriffen der alten Welt Halbwilde
, nach Meinen Menschen werden zu sehen, und wenn du meinen achtjährigen
Arthur53 sähest, wenn ich ihm den Auftrag gebe, sein Pferd zu satteln
und acht Meilen über Prairie und Wald zu jagen, um einen Auftrag zu
vollbringen und wie der Bube heimkommt und Rapport abstattet, Du hättest
deine Freude dran. Diese Selbständigkeit in den Jahren, in welchen
draußen der Junge kaum allein auf die Straße darf, ist nur hier zu gewinnen
und wie hätte ich es draußen möglich gehalten, einen 7 jährigen Knaben
, mit dem ein wildes Pferd durchgeht, und ich sehe, daß er beim Durchrennen
durch das Thor zerschellt wird, zuzurufen: spring herab du bist verloren
, und der Bube springt herab und steht auf der Erde, während das

720


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1998/0718