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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
78. Jahresband.1998
Seite: 719
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Pferd in wilder Flucht davon saust. Mögen Andere Flüchtlinge das weiche
Leben der Städte vorziehen, mir gefällt unter schweren Mühen und Sorgen
dieses halbwilde Leben, wo von den Augen alles abhängt und beim ewigen
Gotte, wenn die Stürme des Geschicks mich aus dieser Bucht wieder in die
offene See trieben, man würde mich nicht wieder erkennen. - Die Überzeugung
habe ich gewonnen, daß nur in agricolem Streben demokratische
Freiheit auf die Dauer möglich ist, und ich freue mich heute, auch früher
den Industriellen54 und dem Krämervolk in der Kammer stets entgegen gewesen
zu seyn. Doch schon wieder die Politik.

Ich habe einen Weinberg angelegt und will versuchen, auf der Prairie Wein
zu ziehen; er gedeiht lustig und, so Gott will, kann ich meine müden Knochen
mit eigenem Erzeugniß in drei Jahren laben, und ist's noch kein Hallgarte
r, steht doch ein Haustrunk. - Was macht die gute Louise? Ich sähe
euch gerne noch einmal, ehe ich meinen müden Kopf in den Wald einsenken
und, wie landesüblich, Baumstämme darüber rollen lasse, aber es
scheint fast, es soll nicht werden. Meine Frau grüßt Dich und Louise von
Herzen und werdet ihr uns mit ein paar Freundesworten erfreuen, es wird
uns wohlthun in unserer Einsamkeit. Sicher haben wir öfter von euch geredet
und an euch gedacht, als ihr an den Bauern tief im Westen. Lebe wohl,
mein geliebter alter Freund. Behalte lieb Deinen treuesten Hecker.

Itzstein ging es nicht gut. Hoffmann von Fallersleben55 weilte am 19. Dezember
1852 ein letztes Mal in Hallgarten. In seinen Lebenserinnerungen
schrieb er: So groß erst meine Freude war, als ich Itzstein wieder sah, so
wurde sie doch bald getrübt. - Bald erfuhr ich, daß seine Geistesschwachheit
nur noch zugenommen hatte. — Ich glaube, wenn ich acht Tage hier
bliebe, ich würde verrückt. - Innig gerührt und weinend nahm ich Abschied
von dem Manne, dem ich für so viele Beweise wahrhaft väterlicher
Teilnahme dankbar bin56. - Am 22. Oktober 1853 schrieb Friedrich Hecker
einen letzten Brief, nachdem er zuvor von Itzstein Post erhalten hatte:

Mein geliebter alter Freund! Nachdem ich so lange von Dir keine Zeile gesehen
und blos auf die Erkundigung bei Anderen, wie es Dir ergehe, beschränkt
war, überraschten mich Deine lieben Zeilen auf freudigste, besonders
da sie durch unsern lieben Freund überbracht wurden. Wie sehr mich
sein unerwarteter Besuch erfreute, mag er Dir selber erzählen, und es war
hart, an die Stunde zu denken, wo er wieder scheidet. In dieser Zeit der
Vergessenheit und des eiligen Dahinlebens ist eine Zeile eines alten Freundes
oder gar seine Gegenwart in meiner Waldeinsamkeit eine Seelenstärkung
auf lange Zeit, und wenn es Dir zu viel Mühe bei Deinen ländlichen
Beschäftigungen macht, mir dann und wann wissen zu lassen, wie es Dir
geht und daß Du des alten Freundes und Sohnes noch mit der alten Liebe

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