Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 20
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0020
sich zu Ehren eines sehr verdienstvollen Bürgers umbenennen - in Burdapest
. Der Witz ist, wie gesagt, töricht, und ich erzähle ihn nur, um zu verdeutlichen
, welcher Wandel im öffentlichen Bewußtsein seither eingetreten
ist.

Vielleicht also hätte Gustav Heinemann damals auch nach Offenburg fahren
sollen, und vielleicht wären wir dann heute nicht hier, sondern dort. Es
mag aber auch gut gewesen sein, daß er nicht nach Offenburg fuhr. Denn
sonst würde wahrscheinlich Hans-Joachim Fliedner heute nicht mit unserem
Gustav-Heinemann-Bürgerpreis ausgezeichnet.

Herr Fliedner nämlich, ein gebürtiger Hamburger, kam 1973, drei Jahre
nach jenen Erkundungsreisen Gustav Heinemanns und ein Jahr, bevor die
Erinnerungsstätte in Rastatt eröffnet wurde, nach Offenburg, zunächst als
Leiter des dortigen Archivs, Museums und der Volkshochschule, und
machte es sich dann - auch unter dem Eindruck von Heinemanns Wollen -
zur Aufgabe, die vernachlässigte, verdrängte und teilweise bewußt unterdrückte
Geschichte der Demokratiebewegung von 1847 bis 1849 aus der
Versenkung hervorzuholen und wieder ins allgemeine Bewußtsein zu heben
.

Das war ein langer Weg im Sinne jenes Wortes von Max Weber, auch aus
dem Jahre 1919, das - wie Brigitte und Helmut Gollwitzer einmal schrieben
- für Gustav Heinemann „lebenslang ein Leitwort" war, „an das er
sich auch in den schwierigsten Perioden seiner Laufbahn hielt", und das
lautete: „Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten
Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich."

Nicht Leidenschaft allein, die sich oftmals überstürzt und dann nichts bewirkt
, auch nicht Augenmaß allein, das oft bedenklich macht und vor lauter
Bedenken zu nichts führt, sondern die Verbindung beider, „mit Leidenschaft
und Augenmaß zugleich", das ist gute Politik, das war die Devise
von Gustav Heinemann, und das zeichnet auch Hans-Joachim Fliedner aus.

Als Student der Geschichte, erst in Hamburg, dann in Heidelberg, ergriff
ihn zunächst die Leidenschaft im wörtlichen Sinne des Leidens an der eigenen
Geschichte, in die er 1940 hineingeboren worden war. Er schrieb
seine Doktorarbeit, die 1971 in zwei Bänden erschien, über „Die Judenverfolgung
in Mannheim 1933 bis 1945", und er machte seitdem, auch in
manchen Studienreisen nach Israel, auch in seiner Mitwirkung in einem
Deutsch-Israelischen Arbeitskreis, in Offenburg und in der Ortenau die Erinnerung
an jene dunkelste Zeit in der deutschen Geschichte zu einem Mittelpunkt
seines öffentlichen Wirkens.

20


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0020