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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 175
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1843 von der liberalen Verfassungsfestinterpretation abzulösen begann und
letztgenannte Tradition dann von 1844 bis 1847 in ihrem Sinne transformierte
.45

Die politische Versammlung im ,Salmen' schöpfte aus dem Bestand der
badischen Verfassungsfesttradition, die zwar im Jahre 1843 ihren Höhepunkt
erlebte, deren Geschichte jedoch wenigstens bis ins Jahr 1828
zurückreicht, als in Engen das zehnjährige Verfassungsjubiläum gefeiert
wurde.46 Dieser Tradition hatte sie das festliche Äußere entlehnt. Der Halmen
' war mit Laubgewinden47 bzw. -girlanden48 geschmückt. Verziert mit
Laub49 und Kränzen50 hingen die lithographierten Bildnisse der zur linken
Kammerseite gehörigen Deputirten der Zweiten Badischen Kammer, eine
Leihgabe des bürgerlichen Lesevereins der Stadt,51 neben den Büsten der
Großherzöge Karl Friedrich (der Staatsgründer) und Karl (der Verfassungsgeber
, wie es im offiziellen Sprachgebrauch hieß). Zwischen beiden Büsten
, unmittelbar hinter der Rednertribüne, hing ein Bildnis des regierenden
Großherzogs Leopold. Dieser Aufbau war noch nicht der eindeutigste
Beweis für die Übernahme der Verfassungsfesttradition: Wenn ich [der Offenburger
Hauptlehrer Kohler, der Verf.] recht gesehen habe war die Verfassungsurkunde
in einem rothen Einbände wie ich sie bei dem 25jährigen
Verfassungsfeste hier herumtragen gesehen hatte, unter der Büste Carls
aufgestellt52. Büsten, Bilder und Verfassungsurkunde bildeten den Hintergrund
des eigentlichen Versammlungsmittelpunktes: einer eigens errichteten
Rednerbühne.53 Die Gestaltungselemente der Verfassungsfeste formierten
sich bei dieser Saalveranstaltung zur Kopie des Ständesaales, Tagungsort
der Zweiten Badischen Kammer. Dies war zwar ein festlicher Rahmen,
aber doch nur Dekoration.54 Die Dekoration war - verglichen mit den Verfassungsfesten
- karg und - verglichen mit den vormärzlichen Sänger- und
Turnerfesten - nicht provozierend: Es fehlten hier alle verbotenen Abzeichen
, als Kokarden und Fahnen in Schwarz-Rot-Gold und auch die Zuhörer
erschienen ohne politische Abzeichen zu dieser Versammlung. Damit
nahm die erste Offenburger Versammlung eine Sonderstellung in der badischen
Fest- und Versammlungsgeschichte der 1840er Jahre ein. Die Zuhörer
kamen einzig um zu hören, nicht auch um darzustellen. Das politische
Bekenntnis wurde hier in emotionalen Ausbrüchen geäußert, nicht im Bekenntnis
zu radikaler politischer Symbolik.

Den politischen Reden voraus ging ein um 13.30 Uhr begonnenes55 Mittagsmahl
im Salmen. Abgehalten im abgeschlossenen Raum, unter Teilnahme
auch gemäßigt denkender Bürger, war dieses gemeinsame Mahl
bürgerlicher Provenienz Relikt der vormärzlichen Honoratiorentafeln, deren
Tradition wiederum dem Erbe höfischer Festkultur entstammte. Erst
nach dem Schlüsse der Tafel wurde der Versammlungsort dem Publikum

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