Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 214
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propositique tenax-fest in dem, was man will, - Weißgerber hat für diese
Zeile an anderer Stelle eine eigene eingängige Übersetzung angeboten, und
zwar in dem schon zitierten, von ihm selbst verfaßten Schulkinderlied für
seinen Kollegen, den Geistlichen Rat L. Mersy (Zeile 11,2. Strophe): „Das
Gute erkennen, es wollen mit Kraft." propositique tenax - ein Lebensmotto
für den hier begückwünschten kleinen Erdenbürger Baumann, sicher aber
auch beherzigenswert für jeden anderen und nicht zuletzt für Weißgerber
selbst: Fest zu dem stehen, was man sich vorgenommen hat und was einem
bestimmt ist; festhalten an dem, was man einmal für richtig und wesentlich
erkannt hat; sich selbst treu bleiben; hartnäckig (tenax) für seine Überzeugung
eintreten, auch öffentlich und couragiert selbst unter Gefahr für die
eigene soziale Stellung - das hat Weißgerber unter Beweis gestellt, mit allen
nachteiligen Folgen für seine berufliche Karriere gerade in diesem Vorrevolutionsjahr
1844.

Wenige Wochen nach Entstehung und Veröffentlichung des Gedichtes wurde
er als Direktor des Offenburger Gymnasiums entlassen und auf höchste
Weisung zum zweiten Mal strafversetzt. Die kleine lateinische Geburtstagselegie
des Direktors Weißgerber für seinen Kollegen, den Turnlehrer
Baumann, ist damit auch ein sympathisches persönliches Zeugnis eines
Mannes, der mit 67 Jahren bereits den Zenit seines Lebens und seines beruflichen
Schaffens überschritten hatte. Mit ungebrochener Tatkraft hatte
er sich hinausgewagt aus dem beschaulichen klösterlichen Gelehrtenstüb-
chen des Gymnasiums zu den Schauplätzen politischer Entscheidungen,
bereits das Scheitern seiner Ideen und seines Wirkens als engagierter Bürger
und prominenter Offenburger Vormärzliberaler vor Augen. Gleichzeitig
gibt aber dieses hier vorgelegte und in den Rahmen der biographischen
und politischen Zusammenhänge gestellte literarische Zeugnis noch einmal
den Blick frei in eine Zeit, in der trotz dröhnender Dampfmaschinen und
rauchender Eisenbahnen die beschaulich biedermeierliche Idylle einer
ländlich geprägten badischen Kleinstadt lebendig wird mit einer gepflegten
bürgerlichen Festkultur, Liedertafeln, gelehrten Grußadressen und gebildeter
Konversation.34

Weißgerbers und Baumanns Spuren verlieren sich in der Revolution in
Freiburg und Rastatt, das wenige Jahre später Symbol für den vergeblichen
Traum von der Freiheit werden sollte. Hier wären weitere Nachforschungen
für die Zeit nach 1844 wünschenswert. Der ehemalige Direktor könnte
seinen alten Kollegen Baumann in Freiburg noch einmal getroffen haben,
denn sein letztes Lebenszeugnis stammt von dort. Es ist das oben im Text
abgebildete Porträt des 60-Jährigen, das ihm seine Freunde und vormaligen
und jetzigen Schüler in aufrichtiger Verehrung gewidmet hatten und
das er jetzt seinem immer noch im Londoner Exil lebenden Schüler mit ei-

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