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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 248
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eins im wahren Sinne des Wortes, nicht eines Vereins der Bourgeoisie gegen
die Demokraten als Vorspann des Polizeistaates, wie es im republikanischen
„Schutterboten" hieß.22 Schubert war schon Nachfolger Baums im
Vorsitz des Bürgervereins gewesen und wurde auch erster Vorsitzender des
Volksvereins. Leider wissen wir nicht, wieviele Mitglieder er hatte.

Seine Organisationskraft aber war beeindruckend, wie er am 29. August
1848 bewies. Der Tag - Geburtstag des Großherzogs -, der traditioneller
Weise mit einem Gottesdienst von Gemeinderat, Staatsdienern und Honoratioren
begangen wurde, sah eine bis dahin beispiellose Demonstration
von Teilen der Bürgerschaft gegen die staatlichen Beamten und letztlich
auch den Großherzog selbst. Morgens um halb zehn traten die Beamten
und Teile des Gemeinderats - der komplette Gemeinderat war zu diesem
Zeitpunkt schon nicht mehr für geschlossene Aktionen zu gewinnen - vor
die Tür des Rathauses und wurden dort schon erwarte. Auf der Straße vor
dem Rathaus versammelten sich eine Menge hiesiger Bürger und Einwohner
von der Republikanischen Gesellschaft, unter diesen befanden sich
sehr viele, die sich in einem Klupp versammelt mit brennenden kellnischen
Tapackspfeiffen im Munde.23 Natürlich war in Lahr das Rauchen mit ungedeckten
Pfeifen auf offener Straße ebenso verboten wie in zahlreichen anderen
Städten des Vormärz. Und natürlich wurde dieses Verbot, das regelmäßig
wiederholt werden mußte, hier ebenso als polizeistaatliche Gänge-
lung betrachtet wie anderswo. Gleichzeitig bekam die Aktion eine besondere
Note dadurch, daß sie just am Tage des großherzoglichen Geburtstags
veranstaltet wurde. Auch der weitere Verlauf machte die republikanische
Grundtendenz der Demonstration deutlich: Wie der kirchliche Zug an den
Ruhestörern vorüber, schloßen sich dieselben ebenfalls an und erschollen
sogleich die Rufe es lebe der Hecker hoch. Diese Ruhestörer folgtem dem
Zuge bis zur Kirche, es ergingen der Rufe noch allenthalben der Hecker
hoch. Zuweilen ließen sich auch kleine Pfeifen hören. Die Ruhestörer gingen
hierauf bei der Kirche in ein Bierhaus.2*

Die Reaktion der gemäßigten Liberalen auf diesen bis dahin in Lahr einmaligen
Vorfall wird noch erörtert. Sowohl der Vorfall vom 29. August
1848 als auch das Gezerre um die Bürgerwehr verweisen noch einmal auf
das zentrale Problem der Lahrer Revolutionsgeschichte: Die Spaltung zwischen
Groß- und Kleinbürgertum, die zunehmend von der Spaltung Besit-
zende-Nichtbesitzende überlagert wurde. Wäre Lahr keine badische Stadt,
sondern läge im nordrheinländischen, hätte seine Sozialstruktur wohl ausgereicht
, jegliche republikanische Tendenz in der Stadt zu unterdrücken.
So aber waren die Besuche Itzsteins, Welckers oder Hoffmann von Fallerslebens
im Lahrer Vormärz genauso häufig wie in jeder anderen badischen
Stadt. Auch Lahr war fest eingebunden in jenes enge Netz engster persön-

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