Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 435
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0435
Hausandachten in der Kapelle seines Schlosses in Neuweier, zu denen oft
auch der Pfarrer von Lichtenau kam. Mehr noch, der Leichenprediger gebraucht
Wendungen, die vermuten lassen, daß der Herr von Stein Anhänger
der von Straßburg ausgehenden religiösen Reformbewegung zur Erneuerung
eines tätigen Christentums war, der Reformorthodoxie, die man
als ein frühes Stadium des Pietismus verstehen kann. So führt der Prediger
über ihn aus:

Ist frölich in Hoffnung / gedultig in Trübsal / eiverig und inbrünstig
im Gebet und Lobe Gottes gewesen / und hat sich dabey nach Pauli
Vermahnung / möglichstes Fleisses der Heiligen Nothdurfft angenommen
/ Kirchen und Schulen und demselben Bediente Ihm trew-
lich lassen anbefohlen seyn / und so viel müglich jhnen allen geneigten
Willen / Ehre / Gunst und Beförderung erwiesen / nicht weniger
auch Witwen und Waisen nebenst andern miserabel Personen / in
jhrem Elende mit Rath / Hüljf und Trost beygesprungen / und also
beyde deß Glaubens und Lebens Liecht vor den Leuten leuchten lassen
/ daß sie seinen guten Wandel gesehen / und Gott im Himmel zu
preisen Ursach gehabt. Zu solcher praxi pietatis und Übung der
wahren Gottseligkeit / die unser seelig Verstorbener besagter
massen in seinem Christenthumb hat sehen lasen . . . (S. 24)

Die Bewährung des Glaubens durch Werke der Barmherzigkeit war eine
zentrale Forderung der sogenannten Reformorthodoxie. Praxis pietatis war
eines ihrer Stichworte, nach dem Titel der Schrift eines anglikanischen Bischofs
namens Lewis Bayly: ,Practice of piety', die 1634 in Straßburg in
deutscher Übersetzung erschienen war.29 Und auch die Wendung von der
„wahren Gottseligkeit" deutet in diese Richtung. Die starke religiöse Bindung
erklärt wohl auch des Herrn von Stein schroffes Vorgehen gegen den
ältesten Sohn.

Ein Rätsel bleibt, was Quirin Moscherosch, den Pfarrer von Bodersweier
und Bruder des bekanntesten Autors des Hanauerlandes in dieser Zeit, veranlaßt
hat, ein solch weit ausholendes, den ganzen Lebenslauf referierendes
Gedicht in „heroischen Versen" zu verfassen und zwei Jahre nach dem Begräbnis
der Leichenschrift hinzufügen zu lassen. Er könnte Friedrich von
Stein während seiner Studienzeit in Straßburg kennengelernt haben. 1642
bezog Quirin Moscherosch, etwa neunzehnjährig, das Collegium Wilhelmi-
tanum in Straßburg, ein Internat, in dem bedürftige Schüler mit einem Stipendium
unterhalten und unterrichtet wurden. Von 1645 bis Ende 1647 studierte
er Theologie an der Universität Straßburg. Doch macht er in seiner
Elegie keine Andeutung einer Bekanntschaft. Ihr Eingang läßt eher darauf
schließen, daß Quirin Moscherosch dem Verstorbenen fremd war:

435


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0435