Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 460
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0460
Dieser Stein stand am Südende der Drusenheim-Grefferner Rheinbanngrenze
(siehe Krauthsche Karte!). Das Nordende wurde durch einen Eichbaum
mit drei Kreuzen markiert. In den meisten notierten Fällen begannen
die Untergänge an diesem Baum und endeten am großen Bannstein. Nur
1605 und 1623 ging man in der umgekehrten Richtung. Besagter Eichbaum
ist wahrscheinlich auf dem linken Rheinufer gestanden. Noch am 12.
4. 1771 fand in Graueisbaum wegen des großen Bannsteins eine Konferenz
statt.22 Im Übrigen war der Stein gemäß der beigegebenen Skizze nicht
3eckig, sondern 5eckig.23

Leider ist er nicht erhalten gebieben. In gewisser Hinsicht ist der Tullastein
Nr. 94 sein Nachfolger.

Die Tulla-Grenze hat die Untergänge überflüssig gemacht. Die Entfernungen
der Grenzsteine waren auf Dezimeter genau gemessen, die Winkel
zwischen den einzelnen Grenzstrecken auf Zehntausendstel Grad.24 Die
Nachprüfung dieser Grenze konnte nur durch Fachleute mit komplizierten
Geräten erfolgen. Ob eine Kontrolle der Noblat-Grenze nach Art der Untergänge
vorgesehen war, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich blieb dieses
Problem offen, nachdem der Noblat-Sohn, offenbar durch Revolutionswirren
bedingt, die Arbeit einstellen mußte (1790). Die Neuregelungen von
1796 und 1801 waren vorerst an Kontrollen nicht interessiert.

Die nach „altem Herkommen" ablaufenden Untergänge fanden unter Mitwirkung
der betroffenen Bürger statt. Die tätige Teilnahme der Grenznachbarn
ließen Streitigkeiten erst gar nicht groß werden. Dem Kontrollverfahren
lagen die Erfahrungen von Jahrhunderten zu Grunde. Mit Tulla sind
wir in das Industriezeitalter eingetreten. Der Bürger muß jetzt die Wahrung
seiner Interessen einer Maschine überlassen und dem Spezialisten, der damit
umzugehen versteht.

Stellen wir uns am Ende dieser Betrachtungen einen Untergang bildlich
vor:

Er beginnt feierlich mit der Vereidigung der Untergänger. Dann bewegt
sich eine Schlange von über zwei Dutzend Menschen durch den Auenwald
. Es ist Ende März und die Büsche und Bäume beginnen eben zu grünen
. Es riecht nach Pappeln und dem Schlamm der Altwasser. Die männliche
Dorfjugend, die am Ende der Schlange mitgeht - weniger schweigsam
wie die Untergänger - ist nicht nur geduldet, sondern erwünscht. Aus ihren
Reihen kommen die Untergänger der nächsten Generation, und die Fähigkeit
, sich die Lochen einzuprägen, ist in der Jugend am besten ausgebildet.

460


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0460