Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 136
(PDF, 123 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0136
136

Gabriel Andres

opus inchoavit magister Erwinus de Steinbach, das heißt, im Jahre des
Herrn 1277 am Tage des seligen Urbanus ward dies glorreiche Werk begonnen
durch Meister Erwin von Steinbach/' (A. Woltmann)
Bezug nehmend auf diese Inschrift schreibt Hans Weigert:
„Gerade diese Worte aber, die Erwins Ruhm begründet haben, können
nur aufgemalt gewesen sein und deshalb kaum aus der Erbauungszeit
stammen. Deshalb darf auch der nur hier vorkommende Beiname von
Steinbach nicht als gesichert gelten."

Wer nun war dieser Erwin aus Steinbach?

Über seine Herkunft wissen wir nichts oder fast nichts. Er soll um 1240
in Steinbach geboren worden sein, wobei, auch was dieses Steinbach anbelangt
, niemand weiß, um welchen der zahlreich so benannten Orte es sich
handelt. Um jeder Kontroverse füglich zu begegnen, errichtete Steinbach in
Baden dem Meister 1845 ein Denkmal, Werk des Bildhauers Friederich, so
daß also auch in verhältnismäßig neuerer Zeit ein weiterer Stein dem nun
festgefügten Bau des Mythos beigegeben wurde.

Es wurde natürlich viel um diesen Namen gerätselt. Man erwog die
Möglichkeit, Erwin stamme aus einem elsässischen Adelsgeschlecht. Noch
verwegener ist die Theorie eines gewissen Herrn Gerard, wonach dieser
rätselhafte Erwin eigentlich ein Franzose gewesen wäre, Herve de Pierrefont
, der seinen Namen verdeutschte. Sich auf typisch französische Merkmale
im Werke Erwin stützend, stellte Herr Gerard diese etwas abenteuerliche
Theorie auf, die Goethe wahrscheinlich energisch zurückgewiesen
hätte.

Auch über die Laufbahn unseres Helden, so darf ich ihn jetzt wohl nennen
, liegt beinahe undurchdringliches Dunkel. Logischerweise dürfen wir
vermuten, daß der junge Mann, aus einer Steinhauerfamilie stammend, den
Beruf eines Steinmetzen erlernte, also von der Pike auf diente, wie das ja
damals Sitte war.

Als solcher soll er fünf Jahre emsiger Arbeit an verschiedenen Kathedralen
-Bauplätzen verbracht haben. Eine Lehrzeit, die er gewiß mit
großem Eifer absolvierte. Ab 1259, er mochte zwanzig Jahre alt sein, stand
also am Beginn seiner Laufbahn, ging er auf die Wanderschaft. Diese führte
ihn auch oder vielleicht nach Frankreich, wo er die Neuerungen studierte
, die von den französischen Baumeistern eingeführt wurden. Es bestand
ja damals zwischen französischer und deutscher Baukunst kein wesentlicher
Unterschied.

Hierzu die Ansicht von Georg Dehio:

„Nur unhistorisch denkende Köpfe können in den Begriffen „französisch
" und „deutsch" sich ausschließende Gegensätze suchen. Dem Bewußtsein
jener Zeit war es fremd. Der Gedankengehalt der Gotik, wenn
auch am frühesten in Frankreich in eine Formel gebracht, war Gemeinbesitz
der mitteleuropäischen Völker."


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0136