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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 195
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Der Gengenbacher Stadtbrunnen und sein Ritter

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seinem Sohn Philipp II. errichteten Escorial bestattet);8 oder: Kaiser Maximilian
I. (Großvater Karls V., römisch-deutscher Kaiser 1508-1519);9
oder: Ein Reichsschultheiß (als Personifikation des Reichsrechts);10 oder:
Eine „Rolandsgestalt" (als Symbol städtischer Marktgerichtsbarkeit).11
Alle Erklärungen stimmen darin überein, daß die Figur offizieller Bildträger
ist und ein Programm verkörpert. Man wird sie wohl allgemein als
„Wappener" betrachten müssen, eben als geharnischten Wappenhalter, wie
er im 16. Jahrhundert auf verschiedenen Marktplätzen aufgestellt wurde.
Als Beispiele seien hier nur einige Brunnen erwähnt: Bretten (1555), Durlach
(1567), Reutlingen (1570), Miltenberg (1570), Freiburg im Üchtl.
(1580), Stein a. Rh. (1601).12

Bemerkenswert erscheint mir, daß der Gengenbacher Ritter in eine spanische
Rüstung gesteckt wurde. Zu der Zeit, in der die Bürger dem Straßburger
Bildhauer den Auftrag für den Mann auf dem Brunnen erteilten,
stand an der Spitze des Reiches Kaiser Rudolf II. (1576-1612), dessen Erziehung
außerordentlich stark vom spanischen Hofzeremoniell geprägt
war. Er hatte schließlich fast ein ganzes Jahrzehnt dort gelebt, bevor er seinem
Vater in der Königs- und Kaiserwürde nachfolgte. Es wäre deshalb
nicht abwegig, in der vornehmen Ritterfigur eine Verbeugung gegenüber
dem habsburgischen Herrscher zu sehen.

Der appellativische Charakter der Figur kommt vor allem in dem Wappenschild
zum Ausdruck, auf den der Ritter seine linke Hand stützt. Die
ursprüngliche Bedeutung des wapen als Abwehrwaffe hat sich schon seit
dem 12. Jahrhundert verändert zum „Zeichen auf der Waffe"; es wandelte
die zuerst kriegerische in eine rechtlich-repräsentative Funktion um. Und
so hält der Ritter dem Betrachter den Adler als das Zeichen des Reiches
entgegen. Dieser Adler trägt zusätzlich einen Herzschild mit dem Gangfisch
als Zeichen der Stadt. 1505 hatte Kaiser Maximilian I. dieses Ensemble
von Reichsadler und Stadtsymbol den Bürgern Gengenbachs offiziell
verliehen.13

Es war gewiß kein Zufall, daß Kaiser Rudolf II. den Gengenbachern am
21. August 1582 eine feierliche Urkunde ausstellte und ihnen die alten
Rechte und Freiheiten bestätigte.14 Als Vorlage diente ihm das Privileg
Kaiser Karls V. von 1521, das wiederum eine Maximilian-Urkunde von
1496 wörtlich bestätigte.

Rudolfs EL Herrscherwahlspruch lautete: Es leuchtet des Kaisers Gestirn
- Fulget Caesaris astrum. In diesem Glänze wollten sich auch die
Bürger der Reichsstadt Gengenbach sonnen. Weithin sichtbar hält ihr spanischer
Ritter mit der rechten Hand eine Urkundenrolle in die Höhe, das
Dokument kaiserlicher Nähe und kaiserlichen Schutzes. Reichsadler und
Kaiserprivileg öffnen den engen Raum des Kinzigtalstädtchens in die weiten
Dimensionen der europäischen Geschichte. Der Kaiser war freilich
auch weit weg. Rudolf II. hielt sich meist auf dem Prager Hradschin auf,


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