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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 202
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Eugen Hillenbrand

lung der Reichssteuer bewilligt und erledigt, und zwar durch Vermittlung
des Prälaten zu Gengenbach, jetzt aber würden sie die Zahlung wieder verweigern
, ausgerechnet auf deren von Offenburg bereden . . . Dessen wir
dann nit unbillich ein ungnädiges mißvallen tragen?*'

Genau in dieser Zeit hoben die Gengenbacher ihren spanischen Ritter
auf die Brunnensäule im Zentrum der Stadt. Stolz hält seine Rechte eine
Urkunde in die Höhe, und seine Linke wendet den Wappenschild in die
Richtung des Tores, durch das jeder, der von Ortenberg, dem Sitz der
Landvogtei, herkommt, die Stadt betritt.

Den alten Niklasturm neben diesem Tor erhöhten die Räte im gleichen
Jahr durch einen zweigeschossigen Achteckbau. Die Kunsthistoriker
schreiben die reiche architektonische Gestaltung der Balustrade dem Meister
des Marktbrunnens zu. Die der Straße zugewandte Seite ließen die
Gengenbacher mit einem Doppelwappen verzieren. Es zeigt rechts den
Reichsadler und links den Gangfisch. Darüber meißelte ein Steinmetz den
folgenden Zweizeiler:

Wol der stat die Gott vor Augen hat und auf ihn baut,
die wird nimer mer beraubt. Anno 1582. Jar.

Bis 1701, also mehr als die geforderten 101 Jahre, blieb die Landvogtei
Ortenau habsburgisch. Im Mai jenes Jahres übertrug Kaiser Leopold I.
Landvogtei und Reichsstädte dem badischen Markgrafen Ludwig Wilhelm
(dem „Türkenlouis") als Lehen. In seiner Resolution erklärt er, es falle ihm
schwer, ein so namhaftes Teil von des Erzhaus uraltem Patrimonio herauszugeben
.31 Diese Aussage ist sachlich falsch und reine Propaganda. Sie beweist
aber, wie attraktiv dieser Raum für das Haus Habsburg war. Deshalb
ging die Ortenau auch gleich nach dem Aussterben dieser badischen Linie
1771 wieder in den Besitz des Erzhauses über und blieb bis zum Ende des
Alten Reiches 1803 habsburgisch. Trotz allem: Die Stadt Gengenbach
blieb Reichs-Stadt, das Kloster Reichs-Kloster, ebenfalls bis 1803.

Der Ritter im Schnittpunkt der Hauptachsen dieser Stadt erzählt die Geschichte
einer Selbstbehauptung im Spannungsfeld zwischen dynastischen
Interessen und Reichsinteressen. Er erinnert an ein kompliziertes Geflecht
der verschiedensten Rechtsansprüche, vertreten durch Kaiser, Landesherrn,
Reichsabt und Reichsstadt. Er erinnert an ein System komplementärer
Staatlichkeit, das schon im 16. Jahrhundert als „deutsche Libertät" gekennzeichnet
wurde.

Als 1848 die revolutionäre Bewegung auch das mittlerweile wieder badische
Städtchen Gengenbach überrollte, stülpten einige Aufrührer dem
Ritter einen Hecker-Hut über den Helm und verdeckten seinen Harnisch
mit der Hecker-Bluse. An den Röhren befestigten sie eine Schrifttafel mit
dem Zweizeiler:


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