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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 244
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Gerd Hirschberg

Möbel im Beisein von Spediteur K. aus Kehl packen. Bei diesem Packen
waren Zoll- und Gestapo-Beamte anwesend, die alle echt silbernen Tischbestecke
und andere silberne Gegenstände raubten, ohne dafür irgendeine
Quittung auszustellen.

Aufgrund der Aktenlage beim Hauptstaatsarchiv Stuttgart läßt sich rekonstruieren
, daß von den 1933 noch am Ort wohnenden jüdischen Bürgern
die meisten nach dem Novemberpogrom unter finanziellen Zwangsmaßnahmen
(Versteigerungen und Abgaben) die angestammten Wohnorte
verlassen haben. Im Unterschied zu denjenigen, die nach USA bzw. Kanada
auswandern konnten, waren aber die, die nur innerhalb Deutschlands
umzogen, oder die nur nach Frankreich kamen, dadurch noch immer nicht
vor Verfolgung sicher, denn in Baden und der Pfalz wurde 1940 eine umfassende
Abschiebungsaktion durchgeführt, in deren Folge auch viele der
nach ganz Frankreich geflüchteten Juden, gleich ob im besetzten oder im
Vichy-Teil lebend, wieder in ihrer Existenz bedroht wurden.

Deportation nach Gurs

Als Hinweis auf die Grundlage dieser Aktion soll das folgende Zitat aus
einem Brief des „Chefs der Sicherheitspolizei und des SD" an das Auswärtige
Amt vom 29. 10. 1940 dienen16, in dem der Vollzug der Abschiebung
gemeldet wird:

Der Führer ordnete die Abschiebung der Juden aus Baden über das Elsaß
. . . an. Nach Durchführung der Aktion kann ich Ihnen mitteilen, daß
aus Baden am 22. und 23. 10. 1940 mit 7 Transportzügen und aus der
Pfalz am 22. 10. 1940 mit 2 Transportzügen 6.504 Juden im Einvernehmen
mit den örtlichen Dienststellen der Wehrmacht, ohne vorherige Kenntnisgabe
an die französischen Behörden, in den unbesetzten Teil Frankreichs
über Chalon-sur-Saone gefahren wurden . . .

Wer von den Rheinauer jüdischen Mitbürgern im Rahmen dieser Aktion
von seinem Wohnort aus nach Gurs deportiert wurde, und wer von anderen
Orten in Deutschland oder Frankreich dorthin kam, ist zur Zeit nicht mit
Sicherheit zu klären.17 Nach der Dokumentation über die jüdischen Gemeinden
in Baden18 lebte zu dieser Zeit als einzige Jüdin in Freisten nur
noch Berta Hammel, die von hier nach Gurs deportiert wurde und 1941 im
Lager Rivesaltes starb.

Aus Rheinbischofsheim direkt wurden nach dieser Information am
22. 10. 1940 die letzten acht jüdischen Bürger nach Gurs deportiert.19 Es
starben dort aus Rheinbischofsheim am 31. 12. 1940 mit 62 Jahren Frieda
Grumbacher, am 29.4. 1941 im Alter von 75 Jahren Heinrich Bodenhei-
mer, am 23. 1. 1942 mit 79 Jahren Elise Kahn.

Zu der Deportation gibt es keine Berichte von Augenzeugen. Da auch
keiner der deportierten Rheinauer Juden diese Verschleppung überlebt hat,


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