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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 245
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0245
Von Rheinau Uber Gurs nach Auschwitz

245

greife ich zur Illustration auf den Bericht eines Heidelberger Deportierten-0
zurück:

Am frühen Morgen des 22. 10. 1940 wurden alle noch in Baden und
dem Saarland lebenden Juden verhaftet und nach Südfrankreich deportiert.
Sie durften nur 30 kg Gepäck und 100 RM Bargeld mitnehmen. . . . Die SS,
die unseren Zug bis Lyon begleitete, kämmte die Abteile durch und forderte
mit vorgehaltenem Revolver die Herausgabe aller Wertgegenstände sowie
des möglicherweise noch vorhandenen deutschen Bargelds . . .

Nach einer Bahnfahrt von drei Tagen kamen wir im Lager Gurs in den
Vorpyrenäen an. Eine große Barackenstadt, 2-3 km lang, war für uns vorbereitet
. Die einzelnen Blocks, Hots genannt, waren mit großen Buchstaben
bezeichnet, A-H für Männer, l-M für Frauen. Jedes Hot umfaßte 20-26
Baracken, von denen jede mit etwa 60 Personen belegt war. . . . Rings um
das Lager war ein 2 m hoher doppelter Stacheldrahtzaun gezogen und in
bestimmten Abständen Wachtposten aufgestellt, um eine Flucht der Inhaftierten
zu verhindern. Bei Regen verwandelte sich das ganze unplanierte
Lager in einen Schlammsee. . . .

Als Nahrung erhielten wir 1/4 Liter eines braunen Getränks, das Kaffee
vorstellen sollte, und als Brotration pro Kopf 250 gr. Das Mittag- und
Abendessen bestand gleichermaßen aus Rüben oder Kohlsuppe, ab und zu
angereichert durch kleine Karottenstückchen. . . .

Im Januar 1941 hatte das Lager eine durchschnittliche Todesquote von
20 pro Tag. Oft kam es vor, daß die nächsten Anverwandten eines Verstorbenen
, wenn sie in einem anderen Hot wohnten, erst bei der Beerdigung
vom Tod eines ihrer Lieben erfuhren. . . .

Im August begannen die großen Deportationsaktionen nach dem Osten.
Die Baracken wurden von Gendarmen und Zivilgardisten umstellt. Namentlich
wurde ein Teil der Lagerinsassen aufgerufen und ihnen befohlen,
sich innerhalb von zehn Minuten marschbereit mit ihrem Gepäck zu melden
. . . .

Deponierung nach Auschwitz

Die Lebensbedingungen im Lager Gurs waren schlimm. Aber Gurs war
kein Lager, das wie die deutschen Konzentrationslager in erster Linie dem
Zweck der systematischen Tötung von Menschen diente. Da dies jedoch
das erklärte Ziel der nationalsozialistischen Judenpolitik war, mußten in
der Logik des Holocaust die nach Gurs Deportierten zu den Vernichtungslagern
im Osten transportiert werden.21 Als Beleg dazu hier eine Aktennotiz
des SS-Hauptsturmführers T. Dannecker, der damals Chef der Gestapo-
Abteilung für Judenfragen in Frankreich war. Die Notiz22 stammt vom
10. 3. 1942:


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