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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 341
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Amtliche Sittenaufsicht im 18. Jahrhundert im Kirchspiel Lichtenau (1740-1821)

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Gegen die „Hurerei"

Die unehelichen Schwangerschaften waren Teil eines viel umfangreicheren
Geschehens, das die damalige Sprachregelung Hurerei nannte. Für die Akteure
dieser Tatabläufe waren die Schwangerschaften ungewollt und wurden
als Unfälle empfunden. Die Sittenrichter hätten das Übel gern an der
Wurzel „Hurerei" gepackt. Doch da das beklagte Geschehen sich seiner
Natur nach im Verborgenen abspielte, war ihm schlecht beizukommen.
Allerdings war bei den kleinen Lebensgemeinschaften im Kirchspiel Lichtenau
das Verbergen nicht einfach, da man sich gegenseitig immer im Auge
hatte, und dieses Auge bei Verdächtigen auch auf deren Schlafkammer
gerichtet war, was dann auch gelegentlich zu Ergebnissen führte: „. . . Michel
Vogt (ist) mit der damaligen Magd in der ,Krone' auf eine unerlaubte
und unzüchtige Art umgegangen, also daß sie beieinander nachts in einem
Bett gelegen ". Dem M. Vogt wurde bei der Verhandlung mit der Exkommunikation
gedroht, falls er dieses Verhältnis nicht sofort auflöse (1762).

Wenn aber die Kammer nachts verriegelt war, so wußten die Späher
sich zu helfen: „Wie nun einmal sonntagabends junge Leute . . . wußten,
daß sie wieder zusammen wären, nahmen sie eine Latern und leuchteten
zum Fenster hinein, da haben sie ihn bei ihr auf dem Bett gesehen (1744)".
Aber auch weit weg von den Ortschaften im freien Feld waren die Pärchen
vor den Späheraugen nicht sicher: „Darauf ist sie fortgegangen . . . und
(hat) sich in den Graben gesetzt, da habe ich wohl gesehen, daß sie . . .
übrigens könne er nicht sagen, daß er sie entblößt gesehen habe" (Bericht
des Viehhirten Waag aus dem Fünfheimburgerwald, 1748).

22 Jahre später (1770) war in der Rumpelsbühn Ähnliches beobachtet
worden. Im Jahre 1748 spielte sich in Helmlingen ein Fall ab, den man
„Verleitung zum unehelichen Beischlaf" nennen könnte. Dort hatte ein
Schuhmachermeister seinen 19jährigen Lehrbuben mit der Magd zusammen
in einer Kammer untergebracht. Das Naheliegende blieb nicht aus.
Das Presbyterium sah diesen Fall so kritisch an, daß er ihn zur Beurteilung
dem Amtmann überwies.

Besonders klug glaubte es eine Witwe anzustellen, als sie bei der Verhandlung
angab, sie sei „auf freiem Feld von einem fremden Mann genotzüchtigt
worden". Daher käme ihre Schwangerschaft. Das Gericht
nahm ihr diese Behauptung nicht ab und verurteilte sie zu einer Geldstrafe
von 30 Gulden. Die hohe Geldstrafe war offenbar weniger eine Sühne für
das Vergehen, als eine Reaktion auf die Dreistigkeit ihrer Behauptung, die
man ihr wahrscheinlich klar widerlegen konnte (1773).

Nach dem Sprichwort „Wehret den Anfängen" wurden auch unzüchtige
Berührungen vor dem Censurgericht verhandelt: „Es ist vor einiger Zeit
der Ruf erschollen, daß einige mutwillige Burschen des nachts unter dem
Obertor hätten angefallen Margarete Jung und (haben) derselben unter
den Rock greifen wollen. . . . (1744)".


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