Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 349
(PDF, 123 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0349
Amtliche Sittenaufsicht im 18. Jahrhundert im Kirchspiel Lichtenau (1740-1821)

349

1600 diese Aufgabe übernahm. Da der damalige Geistliche (Johannes
Rodt) wegen fortgeschrittenem Alter das umfangreiche Kirchspiel nicht
mehr zur Genüge versorgen konnte, fand die gräfliche Regierung eine
Lösung, die Schule und Kirche gerecht wurde. Sie schuf die Stelle eines
Diakons, welche mit einem jungen Pfarrer (Vikar) besetzt wurde, der

1. in der Lichtenauer Schule die Rolle des Lehrers übernahm,

2. den Pfarrer als Vertreter im Kirchspiel unterstützte.13a Dieser Zustand
währte vom Jahre 1600 bis 1746, als Scherzheim mit Muckenschopf eine
eigene Pfarrei bildete. Von da ab wurden in Lichtenau wieder „Schuldiener
" (so die amtliche Bezeichnung) eingesetzt. In den Filialgemeinden
Helmlingen und Graueisbaum wurden selbständige Schulen eingerichtet.
Von diesem Zeitpunkt an setzt auch die Überlieferung des „Protocollum
Presbyterii" ein. In Lichtenau wurde schon 1605 ein eigenes Schulhaus bezogen
(Hauptstr. 38). In den beiden Filialgemeinden war das Finden eines
Unterrichtsraumes schon schwieriger. In Graueisbaum traf Pfarrer Neßler
senior bei einer Visitation (1782) folgenden Zustand an: „Die Schulstube
zu Graueisbaum werde alle Jahr an den wenigst Bietenden versteigert und
sei die dermalige Stube zu klein und zu finster. Die Leute haben ein kleines
Kind, das Geschrei mache und also die Information hindere". In Helmlingen
(Schuldiener: Joh. Michael Schiele) war die Situation nicht viel besser:
„Dabei (habe er, der Pfarrer) folgende Hindernisse und Inkonvenienzen
angemerkt: . . . durch das (Hoch-)Wasser aus seines Schwiegervaters Haus
vertrieben worden, wohne (er) nun mit demselben und seinem Weibe und
fünf meist kleinen Kindern in der ohnehin kleinen Schulstube. Nebst ihm
und 38 Schulkindern lebten noch acht Menschen in demselben. Die Unruhe
, (das) Geschrei und anderes Verhalten der Kinder, die Arbeit seiner
Frau und dergl. hindere ihn, sowohl als die Kinder an der nötigen Aufmerksamkeit
..."

Aber nicht nur diese äußeren Umstände erschwerten den Lehrern ihre
Arbeit. Dazu kam noch die geringe gesellschaftliche Einschätzung ihres
Berufsstandes, wie sie in folgender Episode zum Ausdruck kommt: „Jacob
Vogt, dermaliger Schulkollaborator zu Lichtenau, beschwert sich über
Ludwig Schulmeister, Metzger dahier, daß er, weil er seinen Buben, der
seine Lektion nicht gekonnt, um 3 hinunter gesetzt, ihm am oberen Tor aufgepaßt
und bei seiner Ankunft ihn unter heftigen Drohworten an den Haaren
gezauset, mithin auf der öffentlichen Gasse angegriffen habe. Weil nun
die hiesigen Eltern gar keine Schulbestrafungen leiden wollen, also ihre
Kinder in der Bosheit und Nachlässigkeit unerstützen, also wurde ermelder
Schulmeister heute vorbeschieden. Erschien derselbe und deklarierte seine
Übereilung mit Versprechen, es in Zukunft zu unterlassen. Hierauf wurde
derselbe unter Verwarnung dimittiert (1783). "

Hier wurden die Verhältnisse vom Presbyterium auf den Kopf gestellt.
Der tätlich angegriffene und beleidigte Lehrer, der von einem harmlosen


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0349