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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 362
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Hartmut Stüwe

Aus den Berichten und Protokollen, die von den beteiligten Personen an
die fürstliche Regierung abgeliefert werden mußten, läßt sich der Vorgang
der Besitzergreifung in der Festung und Dorf Kehl sehr genau beschreiben.
Gleich nachdem der Kommissar Müller per Pferd am 21. Oktober um sieben
Uhr morgens dem Hirschwirt Winter die Nachricht nach Kehl überbracht
hatte, daß „ ihm hochfürstliche Durchlaucht des Herrn Markgrafens
zu Baden August Georg das Zeitliche mit dem Ewigen verwechselt habe",
begann die genau geplante Aktion zur Besitzergreifung im Namen des
Markgrafen von Baden-Durlach, Karl Friedrich. Zunächst sollten die von
Müller überbrachten Besitzergreifungspatente (mit Siegel versehene Besitzurkunden
) „an schicklichen Orten der Festung und des Dorfes" angeschlagen
werden. Damit war Hirschwirt Winter beauftragt worden. Der über den
Beginn der Aktion informierte Notar Leutner machte sich gemeinsam mit
Winter und weiteren als Zeugen ausgesuchten Bürgern sowie vier Soldaten
auf den Weg. Unter den Zeugen befand sich auch der Kaufmann Johann
Martin Lamey, der Vater des 1772 in Kehl geborenen späteren Dichters August
Wilhelm Lamey". Um ]h 8 Uhr erreichte diese Gruppe das Amtshaus
im Hornwerk, wo Winter eine der Urkunden anschlug. Um 8 Uhr erfolgte
unter Beisein des dortigen Amtsschultheißen Ludwig Kobolt der Anschlag
in Dorf Kehl am Gasthaus „Zum Pflug", das zu der Zeit eine zentrale Rolle
als Versammlungsort in der Dreiergemeinde spielte.

Anschließend begab sich der Notar Leutner mit Begleitern in die Cita-
delle der Festung - auf dem Gebiet um den heutigen Bahnhof herum gelegen
- und ließ an der katholischen Kirche eine weitere Urkunde anschlagen
. Um 9 Uhr traf er wieder am Amtshaus im Hornwerk ein, wo eine weitere
Amtshandlung stattfand. Kommissar Müller hatte durch Amtmann
Boll die Bürger der Festung und den Amtsbürgermeister Jakob Apfler sowie
das ehrsame Gericht zusammenrufen lassen. Er verkündete im Namen
der markgräflichen Regierung die Inbesitznahme der Festung Kehl und
ließ sie „das würdliche Handgelübde an Eides statt bis zur bevorstehenden
förmlichen Huldigung ablegen". Dann erinnerte er sie „nachdrücklich an
ihre theuren Pflichten und solchen in allen Stücken nachzukommen". Die
gleiche Zeremonie wurde mittags um 12 Uhr in Dorf Kehl vorgenommen.

Um diesen verbalen Besitzergreifungen auch realen Nachdruck zu verleihen
, mußten bewaffnete Bürger und Militär Posten beziehen. Der nach
Kehl in Marsch gesetzte Unteroffizier von Beulwitz entsandte seine Mannschaft
„ in die Festung und in das Dorf um allen Widerwärtigkeiten vorzubeugen
; es war aber niemand da, der nur ein Wort hätte einwenden mögen
". Amtmann Boll ließ durch bewaffnete Bürger die Wälle und Eingänge
der Festung besetzen und die angeschlagenen Besitzurkunden bewachen
. Solche Vorsichtsmaßnahmen waren nicht ganz unangebracht. Die
Übernahme der baden-badischen Landesteile durch den neuen Landesherrn
verlief nicht überall reibungslos. Es kam auch zu Widerständen, wobei die


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