Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 363
(PDF, 123 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0363
Festung, Stadt und Dorf Kehl 1771 bis 1815: Aufstieg, Blütezeit und Untergang

363

konfessionellen Gegensätze der beiden Markgrafschaften den Ausschlag
gaben. Einige stark katholisch geprägte Orte lehnten die neue evangelische
Herrschaft ab. Aus Protest wurden beispielsweise Besitzergreifungspatente
abgerissen12. Anders in Kehl, wo keine der Konfessionen dominierte: Als
es acht Stunden nach der Besitzergreifung immer noch ruhig geblieben
war, wurden die Wachtposten abgezogen. Die Besitzergreifung war vollzogen
.

Die Abnahme der Huldigung folgte bald darauf. Die Huldigung war der
Treueid, den die Untertanen dem Landesherrn in feierlicher Form ableisten
mußten. Abgenommen wurde die Huldigung von speziell beauftragten
Kommissaren der Landesherren. Ein Protokoll von dieser Amtshandlung
anläßlich der Besitzergreifung liegt leider nicht vor. Aber nach einem Protokoll
aus dem Jahr 1765 lief die Zeremonie in der Dorfgemeinschaft Kehl
folgendermaßen ab13: Die vier Huldigungskommissare, entsandt von den
vier Herrschaftshäusern Nassau, Böcklinsau, Baden und dem Straßburger
Stift Unserer Frauen Werk, stiegen im Wirtshaus „Zum Pflug" ab. Dort
mußte sich die Bürgerschaft einfinden. Zunächst wurden die Amtsinhaber
hereingerufen und in „die vordere Eckstube vorgefordert". Außer dem
Amtmann Boll waren das der Amtsschultheiß, der Gerichtsschreiber, der
Stabhalter und das Gericht. Nach Verlesung der Vollmachten trug der mitgereiste
Sekretär die sogenannte Dienerpflichtsformel vor, wonach sie den
vier gemeinschaftlichen Herrschern Treue und Gehorsam geloben und mit
erhobenen Fingern schwören mußten.

Anschließend wurde die vor dem Haus versammelte Bürgerschaft auf
die Amtshandlung vorbereitet und die Bürgerliste verlesen. Für Dorf Kehl,
das Mitteldorf und Sundheim waren insgesamt 326 Bürger (einschließlich
Witwen) eingetragen. Sie mußten sich jetzt „in Form eines halben Mondes
" aufstellen. Nach Verlesung der Huldigungsformel und der Frage, ob
alles verstanden worden sei, mußte der Eid nach der vorgesprochenen Formel
auf die vier Herrschaften geschworen werden. Zum Abschluß wurde
den Untertanen unter der „Zusicherung aller wohl hergebrachten Freiheiten
, Rechte und guten Gewohnheiten " Glück gewünscht.

Kehl vor 1771: Probleme mit Landstreichern, Bettlern und
Handwerksburschen

Die Festung Kehl mit dem Hornwerk war bis 1771 weder als Wohnort
noch für geschäftliche Niederlassungen attraktiv. Abgesehen von der fehlenden
Infrastruktur hatte sie auch in anderen Belangen keinen guten Ruf.
Zum einen verursachten versumpfte Festungsgräben in den Sommerzeiten
regelmäßig gefährliche Fieber und ließen Fremde davor zurückschrecken,
sich dort anzusiedeln. Zum anderen herrschte große Verunsicherung wegen
mangelnder Sicherheit vor Diebstählen und Gewalt. Die Furcht, jederzeit


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2000/0363