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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 409
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Gottlieb Bernhard Fecht (1771-1851)

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heiliges Amt zu eigennützigen Zwecken mißbraucht, im 78. Lebensjahre
und 40 Jahre hier als Pfarrer und Dekan stehend, dessen Namen (ich muß
dies sagen) im ganzen Lande einen guten Klang hat, sehe mich, obgleich
mit schmerzlichen Gefühlen, um meiner Ehre willen zu folgender öffentlichen
Erklärung veranlaßt: Es wurde durch einzelne boshafte Menschen
das Gerücht verbreitet, daß ich bei der obersten Kirchenbehörde darauf
hingewirkt hätte, den Armen ihre Unterstützung aus dem Kirchenschajfner-
fonds zu schmälern. - Um welcher Wohltat und um welcher Leiden und
Verfolgungen willen, denen ich mich für euch aussetzte, schmäht ihr mich?
Dies kann ich fragen am Rande meines Grabes.

Gottlieb Bernhard Fecht war sicher, daß Freiheit und Ordnung einander
bedingten. Keine würde ohne die andere Bestand haben. Wie im Rausch
aber lösten die jungen Hanauer die wesentliche Verbindung von Freiheit
und Ordnung auf. Der greise Dekan kannte sie alle, die in die Revolution
zogen wie zu einem Fest.27 Ihr Übermut schmerzte ihn tief; tiefer noch
mag ihn geschmerzt haben, als zwei Monate später, am 30. Juni 1849, die
Korker Volkswehr, von preußischen Truppen umzingelt, 23 Mann verlor.28

Am 29. Juni hatten die Preußen die letzte republikanische Widerstandslinie
, das Murgtal, durchbrochen. Am selben Tag bat Gottlieb Bernhard
Fecht den Oberkirchenrat um Aufschub der Pensionierung.29 Die Gründe,
welche mich zu dieser Bitte bewegen, sind folgende: mit großer Genugtuung
nehme ich wahr, daß bei fast sämtlichen Einwohnern dieser Gemeinde
die Mißbilligung meiner laut und oft ausgesprochenen constitutionellen
Gesinnung gegen die republikanischen, gar leicht zur Anarchie und Kommunismus
führenden Bestrebungen volle Anerkennung und Zustimmung
findet, und sie auch bei allen Gelegenheiten äußern, daß ich sie so lange
als möglich nicht verlassen möchte.

Gottlieb Bernhard Fecht erlebte das Scheitern der Reform wie das der
Revolution. Die folgende Frage ist in revolutionsseliger Zeit nicht nur erlaubt
, sondern geboten: was wäre geworden, hätte nicht der Revolutionäre
ungeduldiges Treiben das geduldige Werk der Reformer scheitern lassen?
Die Zeit der Reaktion, die gegen Reformer und Revolutionäre gleichermaßen
wütete, überlebte Gottlieb Bernhard Fecht nicht. Er starb am 20.
August 1851 im Alter von über 80 Jahren an einem Schlaganfall. Sein und
seiner Familie Grab befindet sich auf dem Korker Friedhof.

Anmerkungen

1 Beinert, Johannes: Geschichte des badischen Hanauerlandes. Kehl 1909, 314 ff.: Die
französischen Revolutionskriege 1793-1801. Das Kapitel schließt mit den Worten: Unermeßliches
seelisches und materielles Unglück war die Errungenschaft der französischen
Revolution

2 Karl Friedrich verdankte seinen Titel „Großherzog" samt dem neugeschaffenen
„Großherzogtum Baden" Napoleons Gunst


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