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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
80. Jahresband.2000
Seite: 431
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Der Seelbacher Wahlskandal von 1842

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Bei dieser Deputiertenwahl im Februar 1844 blieb nochmals der ministerielle
Kandidat erfolgreich. Erst im April 1846 konnte dann die Opposition
den Ämterwahlkreis erobern. Gewählt wurde der wahlkreisansässige
Landwirt Georg Heimburger von Ottenheim.

In Seelbach kehrte endlich wieder Ruhe ein - und Ratschreiber Theodor
Moßmann unterzeichnete das Protokoll über die dritte Wahlmänner-Wahl
am 1. Februar 1844 nicht nur mit seiner Unterschrift, sondern auch noch
ganz unvorschriftsmäßig mit dem große Erleichterung ausdrückenden
Stoßseufzer: „Gott Lob und Dank, das Lied ist aus!"

Die 14 Seelbacher Bürger waren jedoch noch nicht zufrieden gestellt.
Im Hochgefühl des Erfolges forderten sie konsequenterweise in einer weiteren
Petition ein geradezu modern anmutendes „Gesetz über Bestrafung
von Wahlbestechungen".6

In der Zweiten Kammer vorgetragen wurde diese zweite Seelbacher
Petition von dem Abgeordneten Friedrich Daniel Bassermann in der 51.
Öffentlichen Sitzung vom 19. April 1844. Ein entsprechender Beschluß
wurde jedoch nicht gefaßt. Vermutlich war die Zeit des Vormärz für eine
solche politisch weitsichtige Forderung noch nicht reif - und bedauernswerterweise
hat die Seelbacher Petition bis heute nichts an Aktualität verloren
.

Die zwei Jahre andauernde kommunalpolitische Auseinandersetzung
über die skandalöse Wahlmänner-Wahl in Seelbach hatte jedoch nicht nur
lokalpolitische Bedeutung. Der „Seelbacher Wahlskandal von 1842" hatte
auch zur wünschenswerten Folge, daß in der Zweiten Kammer erstmals
eine politische und juristische Diskussion über Stimmenkauf, Wahlbestechung
, Geldspenden, Vorteilsnahme und Ämterkauf, über gesetzliche und
demokratische Verhaltensweisen und moralische Verantwortung der Volksvertreter
stattfand. Die Debatte über den „Seelbacher Wahlskandal" in der
Kammer der Volksabgeordneten war, so dürfen wir ohne Übertreibung sagen
, von grundsätzlicher, richtungsweisender Bedeutung für die politische
Entwicklung des demokratischen Parlamentarismus in Baden.

Inwiefern der Engelwirt Jakob Fautz, einer der 14 Seelbacher Bürger,
die die Petition von 1842 mitunterschrieben haben, die Inschrift auf das
von ihm und seiner Ehefrau Maria Anna Kronauer 1845 gestiftete Kreuz
vor dem „Engel" als christliche Aufforderung zur großzügigen Vergebung
von moralisch-politischem Fehlverhalten verstanden wissen wollte, muß
offen bleiben.

Die Sockelinschrift lautet:

„Vater! Verzeih ihnen, denn sie
wissen nicht, was sie tun." Joh. 17


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